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Energiewende unbezahlbar? – Interview mit Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Die Energiewende zu beschließen ist relativ einfach, sie zu realisieren und zu bezahlen der deutlich schwierigere Part. Wir haben nachgefragt. Mein-Bau im Gespräch mit Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Energiewende

Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (Foto: CDU/CSU)

Die Energiewende wurde recht schnell beschlossen, doch eine zügige Durchführung führt durchaus auch an Grenzen. Geplante Kürzungen zur Solar- und Photovoltaikförderung liegen nach massiver Kritik im Bundesrat erst einmal auf Eis. Bürgern und Verbrauchern, die höhere Kosten für die Energiewende schultern, macht die finanzielle Belastung schwer zu schaffen. Vielen wird erst jetzt bewusst, dass die Energiewende nicht umsonst zu haben ist. Führt sie gar zur Überforderung? Mein-Bau.com im Gespräch mit Marie-Luise Dött, umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Frau Dött, die geplanten Reduzierungen bei den Förderungsmaßnahmen für Solar- und Photovoltaik wurden im Bundesrat vorerst gestoppt. Ist dies ganz in Ihrem Sinne?

Nein, natürlich nicht. Wir haben mit der Novelle angemessene Änderungen an der Einspeisevergütung für PV-Anlagen vorgenommen, die die Steigerung der Stromkosten für Bürger und Unternehmen begrenzen würden. Auch nach diesen Vergütungsabsenkungen, die den gesunkenen Systempreisen entsprechen, haben die Anlagenbetreiber weiterhin auskömmliche Renditen, die deutlich über dem liegen, was die Bürger beispielsweise an Zinsen für ihre Sparkonten bekommen. Wir haben mit dem Marktintegrationsmodell die Grundlage geschaffen, die EEG-Umlage weiter zu reduzieren, in dem der Eigenverbrauch für die Erzeuger lukrativer wird und wenigstens ein Teil des PV-Stroms außerhalb der EEG-Umlage vermarktet werden muss. Zudem haben wir tragfähige Übergangsfristen eingeführt, mit denen sichergestellt ist, dass geplante Anlagen zu den bisherigen Bedingungen realisiert werden können.
Was wir jetzt erleben, ist eine Verunsicherung der Investoren, weil niemand den Ausgang des Verfahrens kennt. Ich hoffe sehr, dass die Länder, die die Novelle im Bundesrat zunächst gestoppt haben, ihre Positionen im Vermittlungsverfahren überdenken und noch vor der Sommerpause ein Ergebnis vorgelegt werden kann.

Fördermaßnahmen für Erneuerbare Energien – wie beispielsweise Solartechnik – belasten Verbraucher zusätzlich, beispielsweise bei den Stromkosten. Andererseits profitieren Verbraucher nicht von den Einspeisevergütungen, die Betreiber solcher Anlagen erhalten. Ist dies ein korrektes Prozedere?

Dieser Mechanismus ist im Erneuerbare-Energien-Gesetz so angelegt. Der Übergang in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien rechtfertigt es, diese jungen Technologien bis zur Marktreife zu unterstützen. Hierbei sind aber zwei Aspekte zu beachten: Erstens kann die Markteinführung nicht dauerhaft sein. Es muss ein stetiger Druck vorhanden sein, schnell die Marktreife durch Innovationen zu erreichen. Zweitens muss darauf geachtet werden, dass die Verbraucher nur so viel für die Stromerzeuger zahlen, wie auch wirklich erforderlich ist. Genau diese beiden Aspekte wollen wir mit der aktuellen Novelle erreichen. Mehr Markt bei den Erneuerbaren und nur so viel EEG-Umlage, wie erforderlich.

Angesichts möglicher Kürzungen der Solarförderungen ist es praktisch zu einem Aufschrei der Betreiber und der Solarwirtschaft gekommen, der Wirkung zeigt. Ist dieser Aufschrei überhaupt gerechtfertigt?

Die PV-Lobby sollte sich genau überlegen, wie sie agiert. Es besteht die Gefahr, dass zu hohe Renditen bei den Erzeugern und daraus resultierende zu hohe Stromkosten für die Verbraucher die gesellschaftliche Akzeptanz für die Förderung der Erneuerbaren insgesamt in Frage stellt. Die Bürger akzeptieren Mehrkosten für die Markteinführung der Erneuerbaren, aber sie akzeptieren zu Recht keine Traumrenditen bei Dach- und Freiflächenbesitzern auf ihre Kosten. Weniger Lobbyarbeit und mehr Investitionen in Forschung und Entwicklung, das würde ich der PV-Branche raten. Das hilft dann auch gegen die Konkurrenz aus Asien.

Im Getöse der lauten Aufschreie geht unter, dass allein die bestehenden Fördermaßnahmen über Zeiträume von bis zu 20 Jahren garantiert werden. Die Steuerzahler sind also über extrem lange Zeiträume in der Pflicht. Wäre eine Reduzierung da nicht gerade angemessen auch im Sinne der eben nicht profitierenden Endverbraucher, die einen Großteil der Zeche zahlen?

Das kann man machen. Aber man muss wissen, dass die Vergütungszeiträume und die Vergütungshöhe für den Strom so gestaltet sind, dass sich die Investition insgesamt rechnet. Der Anlagenbetreiber braucht einen angemessenen Gewinn über die Nutzungszeit als Anreiz für die Investition in Anlagen. Das ist übrigens auch die Voraussetzung für Bankkredite. Wenn ich also die Vergütungszeit reduziere, fehlen dem Betreiber die Erlöse für die dann fehlenden Jahre. Die Anlage rechnet sich nicht, also wird sie nicht gebaut. Das kann ich nur heilen, indem ich die Erlöse in den verbleibenden Jahren erhöhe. Für die Verbraucher ist das also ein Nullsummenspiel.

Wichtig ist es, die Renditen ständig zu überprüfen und bei gesunkenen Anlagenpreisen die Einspeisevergütung schnell anzupassen. Dafür haben wir im EEG eine monatliche Einmalabsenkung der Einspeisevergütung von jeweils 1 % und zusätzlich einen Mechanismus der bei zu hohen Zubauzahlen auch zusätzliche Vergütungsabsenkungen in Kraft setzt.

Die Belastbarkeit ganz normaler Energieverbraucher stößt insgesamt an Grenzen?

Die Bürger sind grundsätzlich bereit, Mehrkosten beim Strom für den Übergang in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien zu zahlen. Das haben Umfragen eindrucksvoll bestätigt. Aber hier gibt es natürlich Schmerzgrenzen, die abhängig sind von dem, was im jeweiligen Haushalt an Einkommen zur Verfügung steht.
Es mag für manchen jetzt überraschend sein, wie hoch die Kosten tatsächlich sind. Das liegt auch daran, weil den Bürgern jahrelang erzählt worden ist, dass „Wind den Strom umsonst liefert“ und „die Sonne keine Rechnung schickt“.

Wir haben heute Mehrkosten beim Strom von 3,59 ct/kWh. Unser Ziel ist es, in dieser Größenordnung zu bleiben. Allerdings gibt es erste Prognosen, dass wir angesichts des enormen Zubaus, insbesondere im Bereich der teuren PV-Anlagen, hier eventuell Schwierigkeiten bekommen. Aber das ist derzeit Spekulationen. Umso wichtiger ist es, für ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zu sorgen. Dazu gehört auch ein stärkerer Wettbewerb der Erneuerbaren Energien untereinander.

Richtig ist, die Energiewende ist nicht umsonst zu haben. Und es darf nicht vergessen werden, dass Kosten für den Netz- und Speicherausbau noch dazu kommen. Akzeptanz bei den Bürgern erhalten wir dauerhaft aber nur dann, wenn wir die Kostensteigerungen im Griff behalten. Das ist neben der Sicherung der Versorgungssicherheit die Hauptaufgabe der nächsten Jahre.

  • Teil II zum Interview mit Marie-Luise Dött,
    umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Das Interview führte Ursula Pidun
 

Verweise:
Fenster der Zukunft – Interview mit Prof. Dr. Andreas Neyer, Technische Universität Dortmund
Wenn der Energieberater versagt
Photovoltaik – wenn Sonne Strom erzeugt
Photovoltaik weiterhin auf Erfolgskurs
Solarförderung drastisch gesenkt
Verband Austria Solar – Interview mit Roger Hackstock
Verband Austria Solar und Solar-Thermiebranche
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Solar- und Photovoltaikanlagen weiterhin günstig
Das „Erneuerbare Energien Gesetz“ (EeG)
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Im Gespräch mit den „Solar Frauen Schweiz“

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