MEIN BAU

Main Section

Blogs

Share

Bauen mit fachkundiger Begleitung – Interview mit VPB-Bundesgeschäftsführerin Corinna Merzyn

Wer baut, der sollte mit der Vielfalt der anfallenden Fragestellungen nicht allein dastehen. Der beste Garant für einen weitgehend reibungslosen Ablauf beim künftigen Bauprojekt ist eine exzellente Beratung und kontinuierliche Baubegleitung. Wir haben nachgefragt.

Baustelle

Der Verband Privater Bauherren e.V. (VPB) bietet fachkundige Begleitung in jeder Bauphase (Foto: VPB.de)

Begleiten ausgewiesene Experten Bauherren von der Planung über die Baubegleitung bis hin zur Abnahme, genießen sie einen hohen Schutz vor unwägbaren Problemen. Der Verband Privater Bauherren e.V. (VPB) bietet fachkundige Begleitung in jeder Bauphase. Damit lässt sich der Traum vom wohl größten Projekt im Leben auch tatsächlich ohne zusätzliche, vermeidbare Kosten und ohne Überraschungen der negativen Art erfüllen. Wir haben nachgefragt. Im Gespräch mit Dipl.-Ing. Corinna Merzyn, Architektin und VPB-Geschäftsführerin.

Dipl.-Ing Corinna-Merzyn

Dipl.-Ing Corinna-Merzyn (Foto: VPB.de)

Frau Merzyn, wie lange gibt es den Verband Privater Bauherren schon und wie viele Mitglieder hat der Verein zu verzeichnen?

Der VPB wurde 1976 von Bauherren für Bauherren gegründet und ist der älteste deutsche Verbraucherschutzverband im Bereich des privaten Bauens. Die Mitgliederzahl schwankt naturgemäß, einige bleiben für die Dauer ihres Hausbaus, andere ein Leben lang Mitglied.

Alles in allem hat der VPB im Laufe seines Bestehens rund 420.000 Bauherren auf dem Weg in die eigenen vier Wände sachverständig beraten und begleitet – Beratungen bei den vielen Messen, oder auch im Zusammenhang mit den VPB-Einstiegspaketen sind dabei noch gar nicht mitgerechnet.

Warum sollte ein Bauherr überhaupt fachkundige Zusatzhilfe in Anspruch nehmen?

Bauen ist extrem komplex – und teuer. Laien sind damit überfordert. Das ist auch nicht ehrenrührig, sondern ganz normal. Jeder Laie braucht hier einen Experten, der ihn unterstützt. Schließlich geht man mit Zahnschmerzen auch zum Zahnarzt und doktert nicht selbst an sich herum.

Gibt es Erhebungen darüber, welche Schwierigkeiten während der Bauphase am häufigsten auftreten?

Ja, wir machen regelmäßig solche Untersuchungen im Verband. Hauptproblem heute ist der Schlüsselfertigbau. Während früher die meisten Menschen mit einem Architekten ihres Vertrauens zusammengearbeitet haben, den sie selbst beauftragt hatten und der ihre Interessen gegenüber Behörden und Handwerkern wahrte, kaufen heute rund 90 Prozent der Bauherren ein schlüsselfertiges Objekt. Und schon der Begriff ist irreführend, denn die meisten Laien setzen „schlüsselfertig“ mit „bezugs- und gebrauchsfertig“ gleich. Dem ist aber nicht so. Unserer Erfahrung nach fehlen in den Bauverträgen, die die Schlüsselfertiganbieter offerieren, im Schnitt Leistungen im Wert von 25.000 Euro, um aus dem als „schlüsselfertig“ beworbenen Objekt ein tatsächlich benutzbares und bewohnbares Einfamilienhaus zu machen. 25.000 Euro – das sind ein Mittelklassewagen oder zehn Prozent der Kaufsumme.

Sind die Probleme generell größer und vielfältiger geworden und treten sie häufiger auf, als in der Vergangenheit?

Ja, die Probleme sind vielfältiger und damit natürlich auch häufiger geworden.

Woran könnte das aus Ihrer Sicht liegen?

Das Bauen an sich ist komplexer geworden. Nehmen Sie allein die Anforderungen der Energieeinsparverordnung EnEV. Wir wissen aus breit angelegten VPB-Untersuchungen, dass die Bauherren hier längst nicht das an Qualität und Energieeffizienz bekommen, wofür sie teuer bezahlen. Schlimmer noch: Viele Schlüsselfertighäuser erfüllen nicht einmal die Auflagen der EnEV. Das heißt, die Häuser entsprechen nicht dem Gesetz – und dafür haftet letzten Endes der Besitzer.

Zumeist beginnen die Probleme schon beim mangelhaften Bauvertag?

Ja, wie oben bereits erwähnt, haben Bauverträge eklatante Lücken, im Schnitt müssen 25.000 Euro zusätzlich bezahlt und finanziert werden, weil unentbehrliche Leistungen nicht im Bauvertrag enthalten sind. Vermeiden lässt sich das nur durch unabhängige Vertragskontrolle VOR Vertragsabschluss. Das genau übernehmen VPB-Berater für ihre Bauherren und Hauskäufer.

Das andere Problem ist die mangelnde Kontrolle bei der Bauausführung. Diese Qualitätskontrolle übernimmt traditionell der eigene Architekt. Er schaut den Handwerkern auf die Finger, prüft, ob alle Planungen technisch ordentlich umgesetzt werden. Beim Schlüsselfertigbau gibt es zwar auch einen Bauleiter, aber der steht ihn Lohn und Brot des Schlüsselfertigunternehmers. Eine unabhängige Bau- und Qualitätskontrolle im Sinne des Bauherrn gibt es also nicht. Auch diese Lücke lässt sich mit der Beauftragung eines VPB-Sachverständigen schließen. Er übernimmt die unabhängige Bau- und Qualitätskontrolle für den Bauherrn.

Immer wieder tummeln sich besonders schwarze Schafe im Angebots-Pool für Schlüsselfertighäuser & Co. Gibt es Merkmale für Bauherren, schlechte Absichten schon im Vorfeld zu erkennen?

Ja, es gibt echte schwarze Schafe, aber auch einfach schlecht organisierte Firmen mit unqualifizierten Subunternehmern. Schlimm für Bauherren sind beide, denn egal, ob die Firma den Bankrott quasi in Kauf nimmt oder finanzschwache kleine Bauunternehmer, die am Rande der Insolvenz wirtschaften, Pleite gehen, in jedem Fall reißen sie die privaten Bauherren mit. Während die GmbH dann kurz darauf unter neuem Namen wieder eröffnet, haben die Bauherren meist sehr viel Geld verloren. Das geht an den Rande des Ruins für viele Familien.

Und ja, so etwas lässt sich absehen: Firmen etwa, die Reservierungsgebühren verlangen, die den Interessenten unter Zeitdruck setzen, sind mit Vorsicht zu behandeln. Ganz kritisch wird es, wenn die Anbieter dem angehenden Bauherrn die kompletten Vertragsunterlagen verweigern, die er braucht, um das Angebot von einem unabhängigen Sachverständigen prüfen zu lassen. Unsere VPB-Berater haben da so ihre Fangfragen. Wenn eine Firma dies oder jenes einfach nicht liefern mag, dann wissen sie schon: Finger weg!

Ansonsten arbeitet der VPB ja regional, das heißt, die Berater im Netzwerk kennen die Firmen vor Ort und deren Geschäftsgebaren. Und im bundesweiten Netzwerk tauschen sich die VPB-Sachverständigen selbstverständlich auch über die überregional tätigen Firmen aus. Das ist heute besonders wichtig, denn gerade die Überregionalen, die übers Internet werben, sind in der Regel Franchiseunternehmer. Sie arbeiten vor Ort mit völlig unterschiedlichen Subunternehmern – und natürlich auch mit ganz unterschiedlicher Qualität. Hier ist das VPB-Netzwerk als Kontrollinstanz unentbehrlich. Wenn ein Bauherr mit der Werbung einer solchen Firma kommt, können unsere Berater gleich konkret warnen und vom Vertragsabschluss abraten.

Was können Bauherren, Hausbesitzer und Interessenten erwarten, wenn sie sich für eine Mitgliedschaft beim VPB entscheiden?

Individuelle Beratung in allen Fragen des Bauens, Kaufens und Modernisierens, angefangen von der Erstberatung über die äußerst wichtige Vertragskontrolle bis hin zur lückenlosen Bauüberwachung und Abnahme. Unsere Berater bieten genau das, was der Bauherr oder Käufer braucht, keine Pauschalpakete, sondern die individuelle Betreuung des gesamten Vorhabens. Und zwar firmen- und produktneutral.

Was kostet eine solche Mitgliedschaft und gibt es eine Liste zu den Honoraren für Beratungen und Begleitungen durch den VPB?

Die Höhe des monatlichen Mitgliedsbeitrages ist abhängig von der Dauer der Mitgliedschaft im Verband Privater Bauherren. In den ersten sechs Monaten der Mitgliedschaft beträgt der monatliche Beitrag 15 Euro, dafür wird aber keine Aufnahmegebühr erhoben. Vom siebten Mitgliedschaftsmonat bis zum vollendeten siebten Jahr der Mitgliedschaft beträgt der monatliche Mitgliedsbeitrag acht Euro. Ab dem achten Jahr der Mitgliedschaft beträgt der monatliche Beitrag vier Euro. Die Honorare der Berater variieren, je nach Standort innerhalb Deutschlands, zwischen etwa 60 und 100 Euro pro Stunde.

Welchen Herausforderungen sieht sich der VPB in der Zukunft ausgesetzt?

Der VPB ist der älteste Verbraucherschutzverband im Bereich des Privaten Bauens. Der Verbraucherschutz bleibt auch in Zukunft unser wichtigstes Anliegen. Das heißt konkret: Energetische Anforderungen müssen für private Bauherren überschaubar und bezahlbar bleiben. Die energetischen Anforderungen müssen außerdem mit den Bedürfnissen der Bauherren nach gesundem Bauen und Wohnen in Einklang zu bringen sein und mit den Aspekten der Nachhaltigkeit.

Das Interview führte Ursula Pidun
Alle Fotorechte: Verband Privater Bauherren (VPB)
Animation: mein-bau.com

Weitere Interviews:

 
Ein Bauprojekt benötigt viel Sachverstand:

Verweise:

Energiesparen mit moderner Fassadendämmung
Drastische Bußgelder bei Verstoß gegen EnEV
Energiekonzepte – Dämmwahn allein reicht nicht/a>
Verschärfung EnEV erfordert mehr Förderung
Energetische Sanierungen verzeichnen Rückgang
Energie sparen
Förderungsstopp – Interview mit Dr. Ilona Klein
BMVBS-Förderprogramm für Energie-Plus-Häuser
Gebäudesanierungen – Steuerförderung gestoppt
Dimmbares Glas auf Knopfdruck
EnEV – Altbauten energetisch nachrüsten

Share
Autor: Ursula Pidun
Veröffentlicht in: Hausbau, Interview
Tags: , , , , , ,

Das könnte Sie ebenfalls interessieren