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Energieplushäuser in Jesteburg – Interview mit Karl-Ulrich Kuhlo

Energetische Sanierungen sind in aller Munde. Doch Dämmwahn, eine schier unüberschaubare Flut an Verordnungen und beachtliche Kosten verschrecken Immobilienbesitzer oftmals gehörig. Damit stellt sich durchaus die Frage, ob nicht ein neues, hochmodernes Energieplushaus die weitaus bessere Alternative darstellt. Wir haben nachgefragt.

Energiesparhaus

Die Jesteburger Sonnenhäuser bieten ein hohes Maß an Attraktivität (Foto: Heinz von Heiden)

Bestandsimmobilien energetisch auf Vordermann zu bringen – ein solches Vorhaben ist häufig derart kostspielig, dass der Gedanke an einen Neubau lohnt. Beispielhaft innovative Energieplus-Bauten wie etwa die Jesteburger Sonnenhäuser stellen maßgebliche Ressourcenschonung und Kosteneffizienz unter Beweis. Bauherr und Initiator des ehrgeizigen Projekts mit nunmehr fünf komplett ausgebauten Sonnenhäusern ist der Journalist und Gründer des Nachrichtensenders n-tv, Karl-Ulrich Kuhlo. Die energetischen Vorzeigehäuser entstanden etwa 30 Kilometer südlich von Hamburg in der Gemeinde Jesteburg. Gemeinsam mit seiner Frau Ulrike bewohnt Kuhlo selbst eines der dort entstandenen Energieplushäuser in Massivbauweise. Im Gespräch mit Karl-Ulrich Kuhlo, Journalist, Initiator und Bauherr der Jesteburger Sonnenhäuser.

Karl-Ulrich Kuhlo

Karl-Ulrich Kuhlo ist Bauherr der Jesteburger Sonnenhäuser (Foto: K.-U. Kuhlo)

Herr Kuhlo, seit wann gibt es die Jesteburger Sonnenhäuser und was macht Ihr Projekt so besonders?

Die Idee hatte ich schon vor etwa fünf Jahren: Nicht immer nur als Journalist darüber reden, was man alles machen könnte, sondern machen! Zur Not selbst. Mein Ziel war, zu beweisen, dass man mit heute verfügbarer Technik Nullenergiehäuser unter wirtschaftlichen Bedingungen bauen und betreiben, bei uns also vermieten kann. Es ist gelungen.

Wie viele Objekte gibt es und sind bereits alle Sonnenhäuser bewohnt?

Wir haben fünf Häuser gebaut mit Wohnflächen zwischen 140 und 240 Quadratmetern. Das große Haus bewohne ich selbst mit meiner Frau. Drei Häuser sind vermietet, eins benutzen wir zusammen mit unserem Baupartner, der Firma Heinz von Heiden, als Musterhaus für alle diejenigen, die auch über Null- oder Plusenergiehäuser nachdenken.

Plusenergiehäuser bedeutet mehr als die Einsparung der anfallenden Energiekosten für das Haus. Wird auch überschüssige Energie erzeugt?

Laut Passivhauskriterien wurde berechnet, dass die Bewohner eines solchen Hauses 5.200 Kilowattstunden im Jahr verbrauchen für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom. Die Photovoltaik anlagen auf den Dächern liefern etwa 5.500 bis 6.000 Kilowattstunden pro Jahr.

Jetzt hängt es natürlich vom Verhalten der Bewohner ab, wie viel sie verbrauchen: Ob sie gern lang und heiß duschen, ob sie es lieber etwas mollig haben, oder ob sie Tag und Nacht ihre Computer laufen lassen. Wenn sie sparsam sind, wird überschüssiger Strom ins Netz eingespeist.

Grundlage dazu ist ein Mix aus bautechnischen Maßnahmen und die Integration entsprechender Anlagen zur Wärme und Stromerzeugung?

Energieplushaeuser

Jesteburger Sonnenhäuser sind hell, elegant und attraktiv gestaltet (Foto: Heinz von Heiden)

Richtig, wir haben Passivhäuser gebaut, die dank der hohen Wärmedämmung ohnehin maximal 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr als Heizenergie benötigen.

Außerdem haben wir Wärmepumpen eingebaut, die Wärme aus der Umwelt gewinnen. Dazu noch die Photovoltaikzellen auf den Dächern. Alle Häuser sind innen und außen komplett mit LED-Strahlern beleuchtet – einmalig in Deutschland. Und natürlich haben wir in den Küchen energiesparende Geräte installiert.

Nun ist der Norden Deutschland nicht gerade als sonnenverwöhnte Landschaft bekannt. Dennoch lässt sich eine Produktion überschüssiger Energie garantieren?

Wie schon gesagt, hängt das vom Verhalten der Bewohner ab und natürlich auch von der jeweiligen Sonnenstundenzahl im Jahr. Mal scheint die mehr, mal weniger. Wir haben auf Dünnschichtzellen gesetzt, die auch noch bei diffusem Licht Strom liefern. Das haben wir hier öfter. Garantien kann natürlich niemand abgeben. Aber im Durchschnitt funktioniert’s.

Spielen auch Faktoren wie etwa spezielle Fenster und Türen eine Rolle, um die angestrebten, energetischen Ziele zu erreichen?

Spezialfenster und Türen sind ganz wichtige Elemente bei der Planung eines Passivhauses. Nur wenn die Dämmwerte auch da stimmen, gibt es das offizielle Zertifikat als geprüftes Passivhaus.

Die Jesteburger Sonnenhäuser fallen durch einen nahezu quadratisch angelegten Grundriss auf und wurden in Würfelform gebaut. Hat diese architektonische Ausrichtung ebenfalls eine Bedeutung in Hinblick auf die energetischen Zielsetzungen?

Ja, sicher. Ein energiesparendes Haus sollte möglichst hohes Volumen bei möglichst wenig Außenfläche haben, durch die Wärme entweichen könnte, idealerweise also eine Kugel. In einem Kugelhaus kann man aber nur schwer einen Kleiderschrank aufstellen. Zweitbeste Lösung ist dann der Würfel. Wir haben die Häuser aber in erster Linie so gebaut, weil wir den Bauhausstil mögen, der zudem viel Lichteinfall ermöglicht. Wir finden’s einfach schön. Aber natürlich kann man auch ein Passivhaus mit klassischem Satteldach bauen. Jeder wie er es mag.

Sind Sie heute, nach Fertigstellung Ihres ambitionierten Projekts rundum zufrieden mit dem Ergebnis oder gibt es bei einzelnen Maßnahmen Nachbesserungsbedarf?

Mit dem Prinzip Passivhaus und dem technischen Konzept bin ich sehr zufrieden. Man lebt sehr angenehm in solch einem Haus mit der ständigen Frischluftzufuhr – ein tolles Raumklima. Generell kommt es bei der Bauausführung wie immer auf die Qualität beteiligten Baufirmen an. Wir haben mit unserem Generalunternehmer Heinz von Heiden einen absoluten Glücksgriff getan. Da gibt es keine wirklichen Probleme, obwohl wir ja gemeinsam viele neue Wege gehen mussten. Pech hatte ich dagegen bei der Wahl des Photovoltaikinstallateurs. Da musste einiges nachgebessert werden. Jedem Nachahmer kann ich nur größte Sorgfalt bei der Auswahl empfehlen!

Besonders energieeffizient und ausgestattet mit viel Komfort:

Fotos: „Heinz von Heiden“

Planen Sie weitere Projekte im Bereich Energieplushäuser und was würden Sie sich von unseren Politikern wünschen, um mehr Unterstützung – auch im Namen anderer Bauherren zu erhalten?

Ich habe nicht die Absicht, großer Immobilieninvestor zu werden. Ich wollte nur ein Beispiel geben. Aber ich werde gern Nachahmer beraten und meine Erfahrungen weitergeben. Zur Politik: Ich glaube nicht, dass mehr finanzielle Unterstützung für den Markterfolg solcher Häuser notwendig ist. Es braucht eher mehr Überzeugungsarbeit. Die wirtschaftlichen Vorteile sind zum Beispiel durch die Jesteburger Sonnenhäuser belegt. Jetzt muss noch die Scheu vor dem Neuen abgebaut werden. Da kann die Politik mit mehr Öffentlichkeitsarbeit Gutes bewirken. Und beim Abbau von bürokratischen Vorschriften! Das wild gewordene Bauamt in Winsen verfolgt uns seit Jahren mit immer neuen Attacken. Denen gefällt unser Projekt nicht. Deshalb legen sie uns immer neue Steine in den Weg. Jetzt sollen wir ein saftiges Bußgeld zahlen, weil wir einen Stellplatz rechts statt links neben ein Haus gebaut haben. Für unsere Leistungen in Sachen Energiesparen und Umweltschutz haben die sich nie interessiert.

Das Interview führte Ursula Pidun

 

Verweise:

Passivhaus mit transparenter Dacheindeckung
Testbewohner für Energie-Plus-Haus gesucht
Beratung schützt vor Fehlinvestitionen beim Immobilienkauf – Interview mit VPB-Präsident Dipl.-Ing. Thomas Penningh
SolarWorld AG – sechs Fragen an den Gründer und Vorstandsvorsitzenden Frank H. Asbeck
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