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Automatisches Wohnrecht nach langer Wohnzeit?

Wohnt ein Mieter lange genug in einer Wohnung, hat er ein automatisches Wohnrecht und kann nicht gekündigt werden – diese These hört man immer wieder unter Mietern. Doch stimmt das wirklich, oder ist das bloß ein Irrglaube und ein falsches Gerücht? Wir gehen der Frage auf den Grund und verraten Ihnen, was das Gesetzt und die Fakten zu dieser Frage sagen.

Umso länger Sie in Ihrer Wohnung wohnen, umso länger ist auch die Kündigungsfrist für das Mietverhältnis.

Umso länger Sie in Ihrer Wohnung wohnen, umso länger ist auch die Kündigungsfrist für das Mietverhältnis.
(Bild: HayDmitriy / clipdealer.de)

Automatisches Wohnrecht – gibt es das wirklich?

Das automatische Wohnrecht ist sozusagen der heilige Gral der Mieter, der ebenso begehrt wie selten ist. Denn es gibt nur ein Szenario, indem Sie als Mieter dieses Recht haben: wenn es ins Grundbuch eingetragen wurde. Es existiert also tatsächlich, das automatische Wohnrecht. Die Annahme, es bestünde nach langer Wohnzeit automatisch, ist jedoch leider falsch. Wurde keine entsprechende Vereinbarung ins Grundbuch eingetragen, können auch viele Jahre Mietzeit Sie nicht vor einer Kündigung schützen. Ist der Vermieter einverstanden und trägt das automatische Wohnrecht ein, hat er die Option, dieses Recht lebenslang oder zeitlich begrenzt zu erteilen. Gesetzlich festgehalten ist dies im Paragraf 1093 des BGB.

Haben Sie nicht das Glück eines automatischen Wohnrechts, dann gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen für das Mietverhältnis. Für Mieter zahlen sich immerhin hier die Jahre aus. Umso länger Sie in Ihrer Wohnung wohnen, umso länger ist auch die Kündigungsfrist für das Mietverhältnis. Es ist für beide Seiten wichtig, diese Fakten zu kennen. So lassen sich böse Überraschungen vermeiden und Sie wissen, welche Rechte Sie haben.

Mieter und Vermieter: Wann sie kündigen dürfen

Beide, sowohl der Mieter als auch der Eigentümer, können das Mietverhältnis beenden. Während Mieter auch ohne Grund den Vertrag kündigen dürfen, sieht es beim Vermieter anders aus. Er muss seine Kündigung begründen – und diese Begründung muss dem Gesetz entsprechen. Mangelnde Sympathie oder ein Interessent mit mehr Einkommen sind keine Gründe, das Mietverhältnis zu beenden. Doch in welchen Situationen ist eine Kündigung rechtlich möglich?

Eigenbedarf

Haben Sie Ihre Immobilie vermietet und möchten selbst einziehen oder Ihrer Familie die vier Wände zur Verfügung stellen? Sie haben ein Recht darauf, in Ihre Immobilie zu ziehen oder Ihren Familienmitgliedern oder Angehörigen des Haushalts die Mietsache zu überlassen. Im Falle einer Kündigung wegen Eigenbedarf gelten jedoch die gesetzlichen Kündigungsfristen.

Vertragsverstöße

Unsachgemäße Nutzung der Wohnung, Beleidigungen, Gewalt, Vandalismus, Uneinsichtigkeit – es gibt viele Gründe, warum Eigentümer ihre Mieter loswerden möchten oder sogar müssen, um Gefahren zu vermeiden. Vertragsverstöße muss kein Vermieter hinnehmen. Im Ernstfall besteht sogar die Chance auf eine fristlose Kündigung.

Mietrückstände

Die Miete kommt ständig deutlich zu spät oder für mehrere Monate überhaupt nicht? Sobald zwei Monatsmieten oder mehr offen sind und keine (zeitnahe) Zahlung in Sicht ist, dürfen Vermieter ihre Mieter gesetzeskonform und fristlos kündigen. Weigert sich der Mieter die Kündigung zu akzeptieren, wäre der letzte Schritt eine Räumungsklage – und wird in der Regel teuer für den Mieter.

Übrigens: Bestehen in Ihrer Wohnung erhebliche Mängel, Sie bitten den Eigentümer um Behebung und nichts geschieht, so dürfen Sie nach einer angemessenen Zeit fristlos kündigen. Insbesondere dann, wenn die Wohnsituation nicht mehr zumutbar oder gar eine Gefahr für die Gesundheit ist.

Die gesetzlichen Kündigungsfristen für beide Seiten

Liegen keine Vertragsverstöße, Mietrückstände oder anderen Gründe für eine fristlose Kündigung vor, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Umso mehr Jahre das Mietverhältnis besteht, umso länger werden diese Fristen für den Vermieter:

  • bis zu fünf Jahre Wohnzeit: drei Monate
  • über fünf Jahre Wohnzeit: sechs Monate
  • über acht Jahre Wohnzeit: neun Monate

Für den Bewohner der Immobilie gilt (im Normalfall) immer die Frist von drei Monaten, egal, wie lange er schon in der Wohnung lebt. Die Kündigung muss immer schriftlich und fristgerecht erfolgen, ansonsten ist sie mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam.

Gut zu wissen: Das Mietverhältnis endet nicht automatisch mit dem Tod des Bewohners. Auch in diesem Fall müssen die Angehörigen den Vertrag kündigen.

Diese Ausnahmen gibt bei den Kündigungsfristen

Auch wenn die Gesetzte recht deutlich sind, so gibt es doch die ein oder andere Ausnahme bezüglich der Kündigungsfrist. Diese Ausnahmen fallen meist zu Gunsten der Hausbewohner aus. Das hat den Hintergrund, dass Mieter geschützt sind und nicht plötzlich und unerwartet auf der Straße stehen. Einer der besagten Sonderfälle ist folgender:

Hat der Vermieter den Vertrag vor dem 01.09.2001 mit Ihnen geschlossen, haben Sie nach einer Wohndauer von zehn Jahren oder mehr eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten. An diesem Datum trat das neue Mietrecht in Kraft, das kürzere Fristen vorgibt. Stammt Ihr Mietvertrag jedoch aus der Zeit vor dem 01.09.2001, haben Sie Glück und drei Monate länger Zeit für die Suche einer neuen Wohnung.

Wie man trotz Kündigungsfrist früher aus dem Mietvertrag kommen kann

Ein weiterer wichtiger Grund, der die Kündigungsfristen aushebeln kann, sind die Gesundheit und Lebenssituation des Bewohners. Kann dieser unverschuldet nicht mehr in der Mietsache wohnen, so kann er früher aus dem Vertrag herauskommen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Bewohner ins Pflegeheim muss oder er beruflich versetzt wurde.

Trifft einer der Gründe zu oder Sie haben einen anderen nachvollziehbaren Anlass für Ihre Kündigung, so müssen Sie eine Sache erledigen, um früher aus dem Mietverhältnis herauszukommen: Sie müssen einen geeigneten und zahlungsfähigen Nachmieter finden, der die Wohnung schon vor Ablauf der drei Monate Kündigungsfrist bezieht. In einem Härtefall muss sich der Eigentümer damit abfinden und Sie aus dem Vertrag entlassen, denn dann haben Sie als Vertragspartner ein Sonderkündigungsrecht.

Die Aussage, man müsse eine gewisse Anzahl an potentiellen Nachmietern vorlegen, ist übrigens falsch. Nur weil Sie drei oder mehr Nachmieter vorschlagen, heißt das nicht automatisch, dass Sie den Vertrag früher kündigen können. Der Vermieter ist nicht verpflichtet, Ihre Vorschläge zu akzeptieren und einem Ihrer Kandidaten die Wohnung zu überlassen. In diesem Falle müssen Sie auf Kulanz hoffen. Haben Sie in Ihrem Mietvertrag eine Nachtmieterklausel, haben Sie Glück. In diesem Fall muss sich der Vermieter an die Vereinbarung halten.

Wann Sie Widerspruch oder eine Klage einreichen können

Normalerweise sind Mietrückstände sogar Grund genug für eine fristlose Kündigung. Es gibt allerdings Fälle, in denen Eigentümer selbst bei hohen Mietschulden nicht den Vertrag kündigen dürfen: Beziehen Sie zum Beispiel Arbeitslosengeld und die Agentur für Arbeit lässt sich mit dem Antrag viel Zeit und zahlt die Miete zu spät aus, so darf der Eigentümer nicht kündigen. Zumindest, wenn Sie keine Schuld an den Mietrückständen tragen. Für die Fehler des Amtes müssen Sie nicht büßen.

Droht Ihnen der Eigentümer trotzdem mit dem Rausschmiss, können Sie Widerspruch einlegen oder sogar klagen. Entscheiden Sie sich für einen Widerspruch, muss dieser schriftlich und spätestens zwei Monate vor dem Ende des Mietverhältnisses erfolgen. Andernfalls kann laut Paragraf 574 BGB nicht mehr widersprochen werden und die Kündigung ist wirksam.

Tipp: Ist die Kündigung unzumutbar für Sie als Hausbewohner oder jemanden aus Ihrem Haushalt, so haben Sie ebenfalls die Möglichkeit zu klagen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Sie hochschwanger sind und Sie in der vorgegebenen Zeit auf Grund der Wohnsituation in Ihrer Stadt keine neue Wohnung finden oder ein Umzug kurz vor der Entbindung schlichtweg nicht möglich ist. Was ein Härtefall ist und wann Sie länger in der Wohnung bleiben dürfen, entscheidet jedoch jedes Gericht individuell.

Weitere wichtige Gründe, die Kündigung nach hinten zu verschieben, sind:

  • ein hohes Alter und Gebrechlichkeit
  • eine schwere Krankheit
  • ein bevorstehender Schulabschluss oder Examen
  • eine akute Selbstmordgefährdung
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Autor: Veröffentlichung durch Stefan Oberhauser
Veröffentlicht in: Wohnen, Ratgeber
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