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Schnee nicht geräumt? Haftungsregelungen bei Glätteunfällen

„Da hätten Sie halt aufpassen müssen, Sie wissen doch selbst, dass es glatt ist!“ So versucht sich so mancher Grundstücksbesitzer nach einem Unfall eines Passanten aus der Haftung zu nehmen. Doch er hat damit keine Chance.

Die Pflicht, die Gehwege durch Streuen von Glätte zu befreien, besteht sofort nach Kenntnisnahme der Situation!

Die Pflicht, die Gehwege durch Streuen von Glätte zu befreien, besteht sofort nach Kenntnisnahme der Situation!
(Bild: zestmarina / clipdealer.de)

Schneeräumpflicht: Wege müssen schnee- und eisfrei sein

Theoretisch ist es allen Grundstücksbesitzern und Vermietern bekannt, dass sie der Schneeräumpflicht unterliegen. Praktisch wird diese Pflicht gern ignoriert und stattdessen darauf gebaut, dass die Leute schon vorsichtig laufen würden. Doch bei aller Vorsicht kann ein einziges Wegrutschen reichen, um schwere Verletzungen zu verursachen. Um diese zu verhindern, sehen die Ortssatzungen entsprechende Regelungen vor. Diese Satzungen sind aber nicht in allen Städten und Gemeinden gleich.

Es ist Zeit, Schnee zu räumen!

Natürlich schallt dieser Ruf nicht durch die Straßen, sondern es wird darauf gesetzt, dass jeder weiß, wann die Gehwege von Schnee zu beräumen sind. Im Allgemeinen beginnt die Räumpflicht morgens um 07:00 Uhr und endet abends um 21:00 Uhr. Am Wochenende und an den Feiertagen darf die Zeit auch ein wenig verschoben werden, häufig müssen Schnee und Eis erst bis 09:00 Uhr beseitigt sein.
Von dieser Regelung gibt es jedoch Ausnahmen. So urteilte das Oberlandesgericht Koblenz unter Az. 5 U 1479/14, dass Grundstückseigentümer schon vor sechs Uhr dafür sorgen müssten, dass die Gehwege gefahrlos benutzt werden können, wenn Passanten dort schon so zeitig unterwegs seien. Damit ist die Schneeräumpflicht nicht nur örtlich unterschiedlich geregelt, sondern richtet sich mitunter nach dem Grad der Benutzung der öffentlichen Flächen.

Wichtig: Die Pflicht, die Gehwege durch Streuen von Glätte zu befreien, besteht sofort nach Kenntnisnahme der Situation! Es ist zudem nicht geregelt, ab wann Schnee geräumt werden darf, es ist lediglich darauf zu achten, dass die Nachbarn nicht zu festgelegten Ruhezeiten gestört werden.

So müssen Wege gesichert werden

Fällt den ganzen Tag über Schnee, muss immer wieder für Schneefreiheit gesorgt werden. Wer tagsüber nicht zu Hause ist, muss sicherstellen, dass eine beauftragte Person dieser Aufgabe nachkommt. Notfalls muss ein Dienstleistungsunternehmen mit der regelmäßigen Schneeräumung beauftragt werden.
Der Gehweg muss mindestens in einer Breite von 120 cm geräumt werden, bei sehr schmalen Gehwegen stellen diese in voller Breite die maximal zu räumende Fläche dar. Wege zu den Mülltonnen sind ebenfalls zu beräumen, dort reicht aber ein halber Meter beräumter Fläche aus. Dies gilt auch für sehr gering frequentierte Wege, diese müssen ebenfalls nur bis zu einer Breite von 50 cm geräumt werden.

Als Streumittel wird am besten Splitt verwendet, auch Asche kann genutzt werden. In den meisten Orten dürfen nur Straßenreinigungsdienste Salz ausbringen. Wer als Privatperson mit Salz streut, muss sogar mit einem Bußgeld rechnen! Der Mieterschutzbund informiert darüber, dass Vermieter haftbar gemacht werden können, wenn ihre Mieter Salz streuen. Hobelspäne eignen sich nicht zum Sichern des Gehwegs. Sie saugen sich mit Feuchtigkeit voll und werden dann rutschig. Wer als Passant darauf ausrutscht, trägt zumindest 50 Prozent der Schuld an dem Unfall, denn eine „selbst gebotene Vorsicht“ kann vorausgesetzt werden.

Eine Frage der Haftung: Wer darf zur Rechenschaft gezogen werden?

Manchmal ist es wie im Kindergarten: Wenn etwas passiert, will es niemand gewesen sein. Ähnlich verhält es sich im Winter, wenn durch nicht ausreichend gestreute und beräumte Gehwege ein Passant zu Schaden kam. Während dieser der Meinung ist, der Weg hätte besser gesichert sein müssen, sieht der Grundstücksbesitzer die Schuld bei dem Passanten. Wäre dieser doch vorsichtiger gelaufen! Die Wahrheit liegt wie immer dazwischen und es gibt mittlerweile viele Urteile, die Passanten nach einem Unfall zumindest eine Teilschuld auferlegen. Generell liegt die Haftung erst einmal beim Grundstückseigentümer oder beim Vermieter. Eine Teilschuld der Person, die einen Unfall erlitten hat, muss erst nachgewiesen werden, was häufig vor Gericht geschieht.

Da stand doch ein Schild!

Nein, im Gegensatz zur häufigen Annahme, dass ein einfaches Warnschild reichen würde, um sich der Pflicht zum Winterdienst zu entledigen, reicht das Aufstellen eines Schildes eben nicht aus. Wird auf das „Betreten auf eigene Gefahr“ hingewiesen, bedeutet das nur, dass hier besondere Vorsicht vonnöten ist. Ist aber ein Unfall passiert, weil den Räum- und Streupflichten nicht nachgekommen wurde, kann der Geschädigte Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Die private Haftpflichtversicherung springt hier ein, wenn der Mieter einer Immobilie der Verpflichtung, Schnee und Eis zu räumen, nicht nachgekommen ist. Der Vermieter kann seine Haus- und Gebäudeversicherung dafür nutzen. Bewohnt der Immobilieneigentümer ein Objekt selbst und ist demzufolge auch selbst zur Beräumung verpflichtet, hat er hoffentlich eine gute Grundbesitzerhaftpflichtversicherung. Ansonsten können gerade Personenschäden mit verbundenen Vermögensschäden teuer werden.

Muss das Dach beräumt sein?

Es ist geregelt, wer wann Schnee räumen muss. Ebenfalls festgelegt ist, dass:

  • Gehwege
  • Wege zu Mülltonnen
  • Wege zu Briefkästen
  • übliche Wege auf dem Grundstück (z. B. zu den Garagen)
  • sonstige öffentliche Bereiche vor dem Grundstück

in den dafür vorgeschriebenen Zeiten schnee- und eisfrei sein müssen. Was aber ist mit dem Dach? Muss es ebenfalls gesichert sein? Die Antwort: Hausbesitzer tragen die Verantwortung für sich lösende Schneeschichten oder Eiszapfen. Das Dach muss daher geräumt werden. Ist das nicht gefahrlos möglich, sollte der Gefahrenbereich mit Absperrband gekennzeichnet werden. Außerdem sollte ein Warnschild aufgestellt werden, um Passanten zu warnen.

Die Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Räumpflicht

Mieter und Eigentümer müssen die Verkehrssicherungspflicht „verhältnismäßig“ wahrnehmen. Das Oberlandesgericht Naumburg hat sich mit dem Begriff beschäftigt und sieht die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben, wenn beispielsweise anhaltend Schnee fällt. Auch direkt nach Ende des Schneefalls muss nicht mit dem Schneeschieber nach draußen gestürmt werden, um die Schneemassen zur Seite zu schrieben. Eine halbe Stunde darf vergehen, während der eventuell weiterer Schneefall abgewartet werden kann (Az. 5 U 86/06). Andere Gerichte urteilen jedoch anders, sie das Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken (Az. 1 U 630/98). Das Gericht sieht Hauseigentümer auch bei anhaltendem Eisregen in der Pflicht, die Wege vor dem Haus regelmäßig zu streuen und damit vor Glätte zu schützen.

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Autor: Veröffentlichung durch Julian Oberhauser
Veröffentlicht in: Ratgeber
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