Ein wilder Garten ist nicht zwangsläufig ungepflegt. Aber er ist ein Paradies für Insekten und Kleintiere aller Art und trägt zum Natur- und Klimaschutz bei. Und noch ein Pluspunkt: Ein naturnaher Wildgarten ist überaus pflegeleicht.
In vielen Gärten ist der Trend bereits erkennbar: Hobbygärtner setzen schon länger nicht mehr auf den gestutzten Rasen, die getrimmte Hecke und die fein säuberlich angelegten Rabatten, in denen nichts wachsen darf, was nicht erwünscht ist. Vielmehr geht der Trend zum modernen Naturgarten, der ein wenig verwildert, wild-romantisch und unglaublich natürlich aussieht. Naturschutzorganisationen sehen das gern und rufen dazu auf, mehr Flächen sich selbst zu überlassen. Denn wenn jeder Kleingärtner einen Teil dazu beiträgt, die Natur wieder die Oberhand gewinnen zu lassen, kann das Artensterben verlangsamt und teilweise sogar gestoppt werden.
Doch dafür muss der Mensch einen Schritt zurücktreten und die Natur „einfach mal machen lassen“. Und sie kann das gut! In unglaublich kurzer Zeit erobert sie den ihr zugestandenen Gartenbereich zurück, lässt Blumen, Pflanzen und Baumsetzlinge sprießen, die ein Paradies für Lebewesen aller Art sind. Auch für den Menschen, der sich an der bunten Blütenpracht ebenso erfreuen kann wie an der Freizeit, die er durch die verringerte Gartenarbeit gewonnen hat.
Einfach mal nichts tun
Wer einen naturnahen Wildgarten anlegen möchte, braucht dafür nicht viel zu tun. Es braucht keine ausgefeilten Gartenpläne mit festgelegten Pflanzzeiten, es muss nicht ständig Unkraut gejätet oder der Rasen gemäht werden. Wer sich dafür noch nicht richtig erwärmen kann, sollte im Garten wenigstens eine kleine Ecke für die Natur einrichten. Jeder Hobbygärtner, der das einmal ausprobiert, wird überrascht sein, wie gepflegt die Wildnis aussehen kann! Zudem geht es nicht darum, die Wiese im Garten gar nicht mehr zu mähen.
Doch der englische Rasen hat im Naturgarten ausgedient. Vielmehr wird das Gras nur ein- oder zweimal im Jahr gemäht, was dann allerdings meist mit der Sense nötig ist. Wer keine Motorsense einsetzen möchte, greift zur echten und kann diese Arbeit gleich als Ersatz für das Fitnessstudio verbuchen. Allzu langes Gras wird nach dem Mähen grob abgeharkt und kann auf einem Haufen verrotten. Dieser bildet gleich wieder ein tolles Zuhause für eine Vielzahl von Insekten.
Wer im Garten einfach mal nichts tut, kann dabei zusehen, wie sich neue Strukturen bilden und wie der Garten zum Zuhause für viele kleine und größere Tiere wird. Die wichtigsten Tipps dabei lauten:
- Unordnung einfach zulassen und nicht alles durchplanen
- verschiedene Gartenelemente wie Bäume, Wiese, Sträucher, Hecken etc. nutzen
- nicht düngen oder mit Pestiziden arbeiten
- keine Mähroboter oder Laubbläser einsetzen
- keinen Torf einsetzen (beim Torfabbau werden riesige Mengen gespeichertes CO₂ freigesetzt)
- nur heimische Pflanzen setzen
- Nisthilfen bauen
- Wassertränken aufstellen
- Unkraut einfach mal in Ruhe lassen
Einst hat der Mensch definiert, was wachsen darf und was nicht, was Unkraut und was Nutzpflanze ist. Doch die Natur kennt kein Unkraut und jede Pflanze hat ihre ökologische Daseinsberechtigung. Die von Menschen als Unkräuter bezeichneten Pflanzen sind für das ökologische Gleichgewicht sowie als Wohn- und Rückzugsort für viele Lebewesen von immenser Bedeutung.
So sind die Blätter der Brennnessel für Tagpfauenaugen wichtig, denn die Raupen ernähren sich davon. Ohne Brennnesseln keine Tagpfauenaugen! Und wer möchte schon auf Schmetterlinge verzichten? Im Sinne der Artenvielfalt und des Naturschutzes ist es daher wichtig, nicht nur die gewünschten Pflanzen zuzulassen, sondern dem Garten seine Strenge zu nehmen und auch als Unkräuter beschimpfte Pflanzen wachsen zu lassen. Wenigstens in einer kleinen Ecke des Gartens!
Sogar der Mensch profitiert von den Unkräutern. Um beim Beispiel der Brennnessel zu bleiben: Ihre jungen Blätter sowie die des Gierschs können wie Spinat zubereitet werden und sind überaus nahrhaft. Blätter der Gänseblümchen eignen sich als Beigabe im Salat, dies gilt ebenso für die jungen Blätter der Schafgarbe. Rote Taubnessel und Löwenzahn sind bunte Tupfer im Garten und können ebenfalls verzehrt werden. Hobbygärtner sollten sich daher vor der Bekämpfung bestimmter Pflanzen immer fragen, welchen Nutzen diese haben können – nicht nur für die Natur, sondern auch für die eigene Familie. Schnell zeigt sich dann: Der wilde Bewuchs muss nicht entfernt werden.
Und wenn doch Pflanzen weichen müssen?
Auch im Naturgarten kann es sein, dass nicht jede Pflanze bleiben darf. Herbizide gehören dennoch nicht in private Gärten, denn auch wenn es heißt, dass glyphosathaltige Unkrautvernichter nicht gesundheitsschädlich seien, gibt es inzwischen doch einige Studien, die das Gegenteil belegen. Schon der gesunde Menschenverstand müsste jedem Anwender klarmachen, dass ein Gift, das alles Leben zerstört, nicht ohne Auswirkungen auf die eigene Gesundheit angewendet werden kann. Gleichzeitig sind frei verkäufliche Unkrautvernichter zwar nur in „haushaltsüblichen Mengen“ erhältlich, ein Schutz vor Überdosierung ist das allerdings nicht.
Unerwünschten Pflanzen kann ein Hobbygärtner klassisch mit der Hand zu Leibe rücken und reißt sie einfach aus. Sollen in einem größeren Bereich keine Unkräuter wachsen, empfiehlt sich die Bepflanzung mit Bodendeckern. Andere Pflanzen bekommen dadurch zu wenig Licht und wachsen gar nicht erst. Es ist zudem wichtig, wild wachsende Pflanzen, die nicht erwünscht sind, vor deren Blüte zu entfernen oder wenigstens die Blütenstände abzuschneiden. So können sich die Pflanzen nicht weiter vermehren. Ansonsten ist es in einem naturnahen Wildgarten nicht nötig, einzugreifen, denn die Natur regelt das Pflanzenwachstum von selbst. Das dauert zwar mitunter einige Zeit, doch dann werden private Gärten Naturparadiese.
Ein letzter Tipp: Wenn es um die Unterstützung für Bienen geht, sollte nicht nur die Honigbiene im Fokus stehen. Diese ist bezüglich der Wahl ihrer Blüten nicht wählerisch und wird außerdem als Nutztier vom Menschen versorgt. Wildbienen hingegen sind oft nur auf eine einzige Blütenart spezialisiert. Gibt es diese im Garten nicht mehr, kommt auch die Wildbiene nicht mehr zu Besuch. Dabei ist es wichtig, dass es offene Blüten heimischer (Wild-)Pflanzen sind, die auf die Bienen warten.
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