Balkonkraftwerke wurden anfangs noch belächelt, jetzt sind sie ernst zu nehmende Helfer bei der Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen und zur Energieersparnis. Schon seit 2023 erlebt Deutschland einen wahren Boom bei Steckersolargeräten.
Waren anfangs die Hürden noch vergleichsweise hoch, als es um die Einführung und die Installation von Balkonkraftwerken ging, sind diese nun gesunken und Steckersolargeräte so beliebt wie nie. Auf immer mehr Balkonen und Terrassen sind die Photovoltaikplatten zu sehen, mit denen sich günstig eigener Strom aus Sonnenstrahlen erzeugen lässt. Zusammen mit einem ausreichend großen Speicher lassen sich sogar kurze Phasen ohne direkte Sonneneinstrahlung überbrücken.
Das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur erfasst alle Solaranlagen und stellte bereits Ende 2023 fest, dass noch nie so viele neue Anlagen binnen kürzester Zeit installiert und in Betrieb genommen worden sind. Auch in 2024 setzte sich der Trend fort. Allein zwischen April und Juni gingen über 152.000 Anlagen in Betrieb, was einen Zuwachs von etwa 52 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2023 bedeutete. Und das war bereits Rekordhalter!
Insgesamt sind laut Bundesnetzagentur derzeit mehr als 563.000 Anlagen in Betrieb, wobei davon ausgegangen wird, dass die tatsächliche Anzahl noch weitaus höher ist. Der Grund: Es gilt eine mehrwöchige Anmeldefrist, durch die manche Anlagen noch nicht in den aktuellen Zahlen erscheinen. Außerdem vergessen es manche Besitzer von Balkonkraftwerken auch einfach, ihre Anlagen anzumelden.
Der Stand Ende 2023
Eine genaue Verteilung pro Bundesland liegt aktuell noch nicht vor, da wir uns gerade erst im dritten Quartal des Jahres befinden. Doch die Auswertung des ersten bis vierten Quartals 2023 ist bereits beeindruckend. Hier einmal die Übersicht über die einzelnen Bundesländer mit den steckerfähigen Solaranlagen pro 1.000 Einwohner:
- Brandenburg: 4,04
- Berlin: 1,33
- Sachsen: 6,18
- Sachsen-Anhalt: 3,68
- Thüringen: 3,76
- Mecklenburg-Vorpommern: 6,08
- Bayern: 3,98
- Baden-Württemberg: 3,76
- Rheinland-Pfalz: 4,21
- Hessen: 4,23
- Saarland: 3,54
- Niedersachsen: 5,60
- Schleswig-Holstein: 5,73
- Hamburg: 1,28
- Bremen: 2,08
- Nordrhein-Westfalen: 3,96
Wie daraus ersichtlich wird, ist Sachsen der Spitzenreiter unter allen Bundesländern. Hier bleibt es spannend, wie die weitere Entwicklung verlaufen wird und ob sich der Boom der Balkonkraftwerke in gleichem Maße in Sachsen ebenso wie in anderen Bundesländern fortsetzen wird.
Für Wohnungseigentümer und Mieter wird es leichter
Bisher brauchten Mieter die Zustimmung des Vermieters, um ein Balkonkraftwerk bei sich installieren zu dürfen. Die Ablehnung eines solchen Gesuchs konnte ohne Angabe von Gründen erfolgen. Diese Vorgabe soll geändert werden, sodass Mieter freier in der Entscheidung sind, auf Steckersolar zu setzen. Entsprechende Geräte sollen künftig zu den „privilegierten Maßnahmen“ gezählt werden. Darunter sind bauliche Veränderungen zu verstehen, die durch den Vermieter oder durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft nicht einfach blockiert werden dürfen.
Steckersolargeräte werden damit dem Einbruchschutz oder baulichen Veränderungen zur Barrierefreiheit gleichgesetzt. Das Mitspracherecht soll Vermietern und Eigentümergemeinschaften nicht gänzlich abgesprochen werden und sie sollen mitbestimmen können, wie genau das Gerät am Haus angebracht wird. Es bleibt jedoch nicht mehr ihre Entscheidung, ob die Installation überhaupt erfolgen darf oder nicht.
Parteien mit den geplanten Änderungen einverstanden
Wie nur bei wenigen Maßnahmen herrscht eine annähernde Einigkeit unter den Parteien, wenn es darum geht, dass Steckersolargeräte künftig leichter installiert werden dürfen. Egal, ob FDP oder Grüne: Sie alle loben den Schritt zum „Recht zur Ernte von Sonnenstrom“ und sehen es als richtigen Weg, um den Haushalten hohe Energiekosten zu ersparen.
Auch die SPD geht hier mit und sieht die Energiewende gestärkt. Mieter und Eigentümer sind künftig besser in der Lage, selbst zu entscheiden, ob sie derartige Geräte einbauen und wie sie sie installieren lassen wollen.
Dabei gab es jüngst schon einige Veränderungen. Unter anderem wurden Anlagen mit 800 kW erlaubt, was bis dato nicht der Fall war. Balkonsolargeräte mit geringerer Leistung waren zwar eine gute Idee, doch sie amortisierten sich nicht wirklich. Dank der erlaubten höheren Leistung sieht das anders aus und die Anschaffung rechnet sich nach kurzer Zeit wieder.
Zudem war auch die Registrierung der Geräte vereinfacht worden und nun braucht es nur noch eine einfache Anmeldung, die beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur erfolgt. Danach ist zudem die Nutzung einer normalen Steckdose ausreichend, es braucht keine besonderen Steckdosen mehr, die zusätzlich installiert (und bezahlt!) werden mussten. Der Abbau der Bürokratie hat laut Meinung einiger Politiker zum Boom der Balkonsolargeräte beigetragen.
Rentabilität nach kurzer Zeit erreicht
Balkonsolargeräte sind deutlich günstiger geworden und kosten in einigen Baumärkten nur noch wenige Hundert Euro. Hinzu kommt der Speicher mit einem ähnlichen Anschaffungspreis, sofern ein solcher gewünscht wird. Laut RWTH Aachen ist die Rentabilität der Balkonsolargeräte bereits nach drei bis sechs Jahren erreicht, da der geringere Verbrauch von teurem Strom gegengerechnet werden muss.
Ob sich eine solche Anlage lohnt oder nicht, hängt nicht nur vom Anschaffungspreis, sondern auch vom Standort ab. Wer nur einen Balkon in West- oder Nordrichtung zur Verfügung hat, sollte von der Installation Abstand nehmen. Die Stromausbeute ist hier so gering, dass es sich nicht lohnt, in die Geräte zu investieren.
Zusätzlich ist relevant, ob die Betreiber den erzeugten Strom speichern oder wenigstens zeitgleich zur Produktion verbrauchen können. Wird zu viel Strom ins öffentliche Netz gespeist, was mittlerweile ohne Vergütung vorgenommen wird, rechnet sich die Anlage nicht.
Fazit: Balkonkraftwerke boomen vor allem durch Vereinfachungen
Balkonkraftwerke sind bereits 2023 enorm in ihrer Anzahl gestiegen und auch 2024 sieht es so aus, als würde es das große Jahr der Steckersolargeräte werden. Dies verwundert nicht, sind die bürokratischen Hürden für die Installation doch deutlich gesenkt worden und auch weitere Vereinfachungen sind in Sicht. Gleichzeitig sind leistungsfähigere Anlagen zugelassen worden.
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