Die Umstellung auf erneuerbare Energien gewinnt im Gebäudesektor zunehmend an Bedeutung – insbesondere im Mehrfamilienhaus, das in Deutschland über 3,3 Millionen Mal vertreten ist und rund 41 % der gesamten Wohnfläche ausmacht. Wärmepumpen bieten dabei eine zukunftsweisende Alternative zu fossilen Heizsystemen, indem sie bis zu 75 % kostenfreie Umweltenergie nutzen und Wirkungsgrade von 300 bis 500 % erreichen. Im Fokus stehen dabei praktische Herausforderungen bei der Integration in bestehende Bausubstanz sowie ökonomische Rahmenbedingungen, die den Erfolg einer nachhaltigen Wärmeversorgung maßgeblich bestimmen.

Luft-Wasser-Wärmepumpen sind besonders attraktiv für Bestandsgebäude (Bild: MAXSHOT / clipdealer.de)
Bedeutung und Potenzial von Wärmepumpen im Mehrfamilienhaus
Anders als herkömmliche Heizsysteme, die fossile Brennstoffe nutzen, arbeitet die Wärmepumpe überwiegend mit kostenloser Umweltwärme – sei es aus der Luft, dem Erdreich oder Gewässern. Dabei wird etwa 75 % der benötigten Wärme aus der Umgebung gewonnen, während nur rund 25 % als elektrische Energie eingespeist werden müssen. Dies macht Wärmepumpen zu einer besonders effizienten Lösung, die langfristig nicht nur den CO₂-Ausstoß reduziert, sondern auch die Heizkosten erheblich senken kann.
Die Bedeutung dieser Technologie zeigt sich insbesondere in urbanen Regionen, wo der hohe Anteil an Mehrfamilienhäusern eine flächendeckende Anwendung erforderlich macht. Durch die Umrüstung alter Gas- und Ölheizungen – deren Nachteile etwa in der Anfälligkeit gegenüber geopolitischen Krisen und steigenden CO₂-Preisen liegen – wird eine größere Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern erreicht.
Technologische Grundlagen und Systemvarianten
Wärmepumpen nutzen thermodynamische Prozesse, um Umgebungswärme in Heizenergie umzuwandeln. Dabei unterscheiden sich die eingesetzten Technologien grundlegend:
- Luft-Wasser-Wärmepumpe: Diese Variante extrahiert Wärme aus der Außenluft und wandelt sie in Heizenergie sowie Warmwasser um. Ihre einfache Installation macht sie besonders attraktiv für Bestandsgebäude. Um mögliche Schallemissionen in dicht bebauten Stadtgebieten zu reduzieren, werden oft schalldämmende Gehäuse eingesetzt.
- Sole-Wasser-Wärmepumpe (Erdwärmepumpe): Sie nutzt die im Erdreich gespeicherte, relativ konstante Temperatur. Obwohl die Installation aufwändiger und kostenintensiver ist – etwa mit Anschaffungskosten zwischen 40.000 und 50.000 Euro pro Einfamilienhaus –, bietet diese Technologie eine höhere Effizienz, insbesondere in kälteren Jahreszeiten.
- Hochtemperatur-Wärmepumpe: Speziell für Altbauten konzipiert, erreichen diese Systeme Vorlauftemperaturen von 80 bis 100 Grad, was sie auch für schlecht isolierte Gebäude attraktiv macht, wenn herkömmliche Wärmepumpen an ihre Grenzen stoßen.
Neben diesen zentralen Systemen existieren auch hybride Konzepte und dezentrale Lösungen, bei denen in jeder Wohneinheit eine eigene, kleinere Wärmepumpe installiert wird. So können beispielsweise Frischwasserstationen als Mischsysteme fungieren, die sowohl Warmwasser als auch Raumheizung gewährleisten.
Herausforderungen in der Anwendung im Mehrfamilienhaus
Die Integration von Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern ist mit speziellen Herausforderungen verbunden, die über die technische Dimension hinausgehen. Zu den wesentlichen Aspekten zählen:
- Komplexe Dimensionierung: Die unterschiedlichen Wohnungsgrößen, variierenden Dämmstandards und individuelle Nutzungsprofile erfordern eine präzise Heizlastberechnung. Ein Beispiel: Ein Gebäude mit 10 Wohnungen und insgesamt 1.000 Quadratmetern Wohnfläche könnte einen durchschnittlichen Heizbedarf von 50 kW haben, der auf unterschiedliche Einheiten (z. B. 5 kW für eine gut isolierte 60 m²-Wohnung bis 10 kW für eine schlecht isolierte 100 m²-Wohnung) verteilt wird. Hierbei muss stets ein Sicherheitsfaktor berücksichtigt werden, um Schwankungen im Wärmebedarf abzudecken.
- Vielfältige Eigentumsverhältnisse: Die Entscheidungsträger in Mehrfamilienhäusern sind häufig komplex strukturiert – von kommunalen Trägern über Wohnungsbaugesellschaften bis hin zu einzelnen Wohnungseigentümern. Diese heterogenen Strukturen erschweren die Planung und Umsetzung moderner Heizkonzepte.
- Nachrüstungsbarrieren im Bestand: Während im Neubau die Integration erneuerbarer Energien meist von vornherein eingeplant wird, ist bei Altbauten oft eine energetische Sanierung erforderlich. Maßnahmen wie die Verbesserung der Dämmung und der Einsatz von Flächenheizungen (z. B. Fußbodenheizungen) sind entscheidend, um den Betrieb einer Wärmepumpe effizient zu gestalten. Zudem können baurechtliche Regelungen, wie beispielsweise strikte Grenzabstandsbestimmungen, welche in manchen deutschen Bundesländern noch bestehen, als zusätzliches Hindernis wirken.
Forschungsprojekte wie „LowEx-Bestand“ – unter Beteiligung des Fraunhofer-Instituts, der Universität Freiburg und weiterer Partner – haben gezeigt, dass der begrenzte Wissenstransfer und die Komplexität der Systemplanung zentrale Hemmnisse bei der Nachrüstung darstellen. Eine standardisierte Herangehensweise und vereinfachte Lösungsfamilien (z. B. zentrales System, kombinierte Systeme oder dezentrale Anlagen) können hier Abhilfe schaffen.
Wirtschaftliche Betrachtung und Fördermöglichkeiten
Die Anschaffungs- und Betriebskosten stellen für viele Eigentümer entscheidende Faktoren dar. Die Investitionskosten variieren je nach Wärmepumpentyp und Gebäudesituation:
- Anschaffungskosten: Für eine Luft-Wasser-Wärmepumpe können die Kosten in Einfamilienhäusern zwischen 27.000 und 40.000 Euro liegen. Bei Mehrfamilienhäusern steigen diese Kosten, da oft mehrere Geräte in Kaskadenschaltung benötigt werden. Erdwärmepumpen, bedingt durch ihre aufwendige Installation, erreichen oft einen Preisrahmen von 40.000 bis 50.000 Euro pro Einheit.
- Betriebskosten: Moderne Anlagen arbeiten effizient – beispielsweise verbraucht ein typisches Einfamilienhaus etwa 4.000 bis 6.000 kWh Strom pro Jahr. In einem 1.000 Quadratmeter großen Mehrfamilienhaus kann der jährliche Stromverbrauch auf rund 40.000 kWh ansteigen, was bei aktuellen Strompreisen jährliche Kosten von circa 12.000 bis 16.000 Euro zur Folge haben kann. Hier bieten sich Synergien mit Photovoltaikanlagen, um den Eigenverbrauch zu erhöhen und Kosten zu senken.
- Förderprogramme: Staatliche Zuschüsse, wie sie in Deutschland im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) angeboten werden, können die Investitionskosten signifikant reduzieren. So sind beispielsweise Zuschüsse von bis zu 35 % möglich, wobei bei der Umrüstung alter Gasheizungen oft Förderhöchstgrenzen pro Wohneinheit (z. B. 30.000 Euro für die erste und 15.000 Euro für weitere Einheiten) beachtet werden müssen.
Auswahlkriterien und Systemkonzepte
Die Wahl der richtigen Wärmepumpentechnologie hängt maßgeblich von den baulichen Gegebenheiten und dem spezifischen Wärmebedarf ab:
- Neubau versus Bestandsbau: Im Neubau können Dämmung, Heizlast und Systemauslegung optimal aufeinander abgestimmt werden. In Bestandsgebäuden ist vor allem eine energetische Sanierung notwendig, um den Betrieb der Wärmepumpe zu optimieren. Beispielsweise können Altbauten mit klassischen Heizkörpern durch den Einsatz von Hochtemperatur-Wärmepumpen auch bei höheren Vorlauftemperaturen effizient beheizt werden.
- Zentrale vs. dezentrale Systeme: Bei zentralen Systemen wird das gesamte Gebäude über eine zentrale Anlage versorgt, während dezentrale Systeme pro Wohnung oder Wohneinheit eigenständig betrieben werden. Dezentrale Konzepte ermöglichen eine individuelle Verbrauchsabrechnung und bieten zusätzliche Flexibilität, insbesondere bei unregelmäßig genutzten Wohnungen.
- Kaskadierung: In großen Gebäuden ist es oft sinnvoll, mehrere Wärmepumpen in Kaskadenschaltung zu betreiben, um den variierenden Heizbedarf optimal abzudecken. Ein Beispiel aus der Praxis: Bei einem Wohngebäude mit 700 Quadratmetern Wohnfläche und einem berechneten Wärmebedarf von 84 kW kann die erforderliche Leistung durch die Kombination mehrerer Geräte realisiert werden.
Neben diesen technischen Kriterien spielt auch die Integration mit anderen erneuerbaren Technologien eine wesentliche Rolle. Die Kombination mit Photovoltaik oder Solarthermie kann nicht nur die Betriebskosten senken, sondern auch die CO₂-Bilanz weiter verbessern.
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