Noch vor wenigen Jahren spielte die Wohngesundheit eine geringere Rolle. Das hat sich jetzt geändert und Bauherren legen größten Wert darauf, schon bei der Errichtung der eigenen vier Wände ein gutes Wohnklima sicherzustellen. Fertighausanbieter haben auf diesen Trend reagiert.

Wohngesundheit ist besonders auch für Familien ein hohes Gut (Bild: NatashaFedorova / clipdealer.de)
Wohngesundheit geht vor Nachhaltigkeit
Früher war es üblich, das Ergebnis von Hausbau- oder Renovierungsarbeiten auch riechen zu können. Teppichkleber, Tapetenkleister oder Dichtmaterial müffelte vor sich hin und es wurde überdeutlich, dass es sich hierbei nicht um verträgliche Ausdünstungen handelte. Binde- und Lösungsmittel sowie Weichmacher wurden üblicherweise verwendet. Sie erleichterten zwar die Anwendung oder sorgten dafür, dass die Mittel längere Zeit anwendungsfähig blieben, doch sie waren auch gesundheitsgefährdend.
Heute legen Bauherren, Eigentümer und Mieter mehr Wert auf Wohngesundheit, zumal die möglichen schädlichen Auswirkungen der verschiedenen Stoffe besser denn je erforscht sind. Der Bundesverband Deutscher Fertigbau hat sogar die Erkenntnis gewonnen, dass Wohngesundheit heute vor Nachhaltigkeit steht.
Wohngesundes Bauen ist wichtiger als Umweltfreundlichkeit oder Energieersparnis, so die Ansicht der Experten. Die Fertighausanbieter haben auf die Wünsche der Auftraggeber reagiert und bieten mehr als nur Holz als Baustoff an. Emissionsarme Baustoffe sowie ständige Schadstoffprüfungen sind an der Tagesordnung.
Technik unterstützt das gesunde Wohnen
Zum einen wird das Wohnklima maßgeblich durch die Baustoffe bestimmt, zum anderen jedoch auch durch die verwendete Technik. Ein Beispiel dafür sind kontrollierte Lüftungsanlagen, mit denen die Be- und Entlüftung möglich ist. Sie können mit Pollenfiltern ausgestattet werden – eine Wohltat für die Menschen, die unter einer Pollenallergie leiden. Auch Feinstaubfilter können integriert werden, um die Luftreinheit zu verbessern.
Darüber hinaus sind moderne Heizsysteme ebenfalls in der Lage, Hausstaub zu reduzieren, sodass allergiegeplagte Menschen besser leben können. Im Endeffekt entstehen damit Räume und ganze Häuser, in denen sich die Menschen nicht nur aufgrund der Gestaltung und Einrichtung wohlfühlen, sondern auch wegen der positiven Einflüsse auf die eigene Gesundheit. Wohngesundheit ist damit ein Zusammenspiel aus der Verwendung nachhaltiger und ökologisch verträglicher Baustoffe sowie moderner Technik.
Wohngesundheit bekommt ein Siegel
Die Auswirkungen der Verwendung von Baustoffen, die gesundheitsschädlich sind, haben schon viele Menschen zu spüren bekommen. Sie leiden beispielsweise unter Kopfschmerzen, wenn sie einen Raum oder ein Haus betreten. Es können sich Allergien oder sogar Erkrankungen zeigen. Dabei sind es zum einen die verwendeten chemischen Stoffe, die den Körper belasten, zum anderen stellt Schimmel ein häufiges Problem dar. Dieser kann unter anderem durch eine falsche Belüftung, aber auch durch eine zu starke Abdichtung der Gebäudehülle entstehen.
Mittlerweile weiß man, dass beispielsweise eine biologische Dämmung statt Styropor die bessere Wahl ist und dass die früher verwendeten sehr dicken Mauern ebenfalls gut vor eindringender Wärme schützen, ohne die Gesundheit zu belasten. Das Mauerwerk soll atmen können und das war mit den modernen Baustoffen lange Zeit nicht möglich. Heute werden Alternativen verwendet, die sich gravierend auf die Wohngesundheit auswirken. Und das im positiven Sinne!
Typische Siegel für mehr Wohnqualität
Verschiedene Siegel stehen für die Verwendung von schadstoffarmen Materialien, für ein gesundes Raumklima und für mehr Wohnqualität. Hier eine Auswahl der Zertifizierungen:
- Blauer Engel: Dieses bekannte Siegel ist häufig auf Farben und vielen weiteren Produkten für die Heimanwendung zu finden. Es steht für Wohngesundheit und schadstoffarme Inhaltsstoffe mit ökologischer Verträglichkeit.
- WELL Building Standard: Das Siegel steht für Gesundheit und Wohlbefinden der Hausbewohner oder Nutzer eines Gebäudes. Es ist international anerkannt und basiert auf medizinischen Erkenntnissen.
- natureplus: Baustoffe werden vor der Vergabe des Siegels wissenschaftlich geprüft. Dabei erhalten sie eine Einstufung entsprechend ihren Emissionen, eine Ökobilanz wird aufgestellt. Das Siegel steht in Europa für Wohngesundheit und Umweltverträglichkeit.
- VDB-Zert: Das Haus bekommt ein individuelles Zertifikat durch den Berufsverband Deutscher Baubiologen. Es steht für eine baubiologische Wohnqualität, wobei Schadstoffe und Raumklima gleichermaßen geprüft werden.
- SHI-Produktpass: Zusammen mit dem TÜV Rheinland werden Baustoffe, Systeme und Gebäude auf Schadstofffreiheit geprüft. In der zugehörigen Datenbank können Nutzer mehr als 3.400 Produktgruppen finden, die bereits überprüft worden sind. Das Institut bietet zudem eine Beratung zur Wohngesundheit an.
- Eco-Institut-Label: Schadstoffarme Materialien mit geringen Emissionen werden mit diesem Label ausgezeichnet. Die Baustoffe dünsten nicht aus und belasten die Raumluft nachweislich nicht.
- QNG-Zertifizierung: Das Qualitätssiegel trägt auch den Namen „Nachhaltiges Gebäude“ und wird innerhalb Deutschlands vergeben. Es steht für ein nachhaltiges Bauprojekt, das die Einhaltung ökologischer, ökonomischer und soziokultureller Standards sicherstellt. Umweltbelastungen werden bei dem betreffenden Gebäude nachweislich reduziert. Das Siegel ist die Voraussetzung für verschiedene KfW-Förderungen.
Wohngesundheit erkennen
Laien tun sich verständlicherweise schwer damit, wohngesunde Baustoffe zu erkennen. Sie müssen sich auf die Beratung durch den Architekten oder Bauingenieur sowie auf die oben genannten Siegel verlassen. Außerdem haben Bauherren und Eigentümer die Möglichkeit, nach Prüfberichten zu suchen. Schlüssige Nachweise sind bei allen Herstellern, die sich auf Wohngesundheit spezialisiert haben und damit werben, erhältlich. Ist das nicht der Fall, handelt es sich meist um ein bloßes Marketingversprechen und nicht um eine Tatsache.
Was kostet Wohngesundheit heute?
Als die ersten massiven Häuser entstanden, wurde zur Dämmung auf dicke Mauern gesetzt. Die Einrichtungen wurden mit Naturmaterialien wie Holz, Lehm und Tier- oder Pflanzenprodukten vorgenommen. Giftige Bestandteile zogen erst im Zuge der Industrialisierung ein. Sie sollten Baustoffe leichter anwendbar, effektiver und langlebiger machen. Heute weiß man, dass sie dies nur bedingt können, dafür aber das Raumklima massiv belasten. Gleichzeitig sind sich die meisten Menschen dessen bewusst und wünschen sich mehr Wohngesundheit.
Doch die bange Frage mancher Bauherren lautet: Was soll das bloß kosten?
An dieser Stelle können Bauherren und Eigentümer, die sanieren wollen, beruhigt sein. Wird das Thema Wohngesundheit direkt bei der Planung der Arbeiten berücksichtigt, ist der Aufpreis gering. Experten gehen von einem einstelligen Prozentbereich aus, den die Mehrkosten ausmachen. Zudem rechnen sich diese bald, denn die Vorteile sind langfristig. Geringere gesundheitliche Probleme, weniger Allergien und ein allgemein höheres Wohlbefinden sind Beispiele dafür. Außerdem ist davon auszugehen, dass der Sanierungsaufwand geringer ist, was auf Dauer ebenfalls Kosten reduziert.
Das könnte Sie ebenfalls interessieren