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Die Bauherrin – Interview mit Birgit Thielmann

Die Frau als Bauherrin: Mehr und mehr nehmen auch Frauen den Bereich Bauplanung und Durchführung des Bauprojektes in die Hand. Werden Häuser von Frauen anders geplant als von Männern? Im Gespräch mit der Architektin Dipl-Ing. Birgit Thielmann.

Im Gespräch mit Dipl.-Ing. Birgit Thielmann

Frauen übernehmen zunehmend auch die Rolle des Bauherrn. (Foto: Gerd Altmann / Pixelio.de)

Wenn es darum geht, das künftige Eigenheim zu planen, ist es längst nicht mehr nur der Mann, der die Planung und Durchführung als Bauherr in den Händen hält. Mehr und mehr setzen sich auch in diesem Bereich Frauen durch und machen als sogenannte Bauherrinnen einen guten Job. Wir haben nachgefragt. Im Gespräch mit Dipl. Ing. Birgit Thielmann. Sie ist seit 2006 als Architektin in der Bauberatung und Vermittlung von Beratungsleistungen (juristisch, finanziell und bautechnisch) im Verein „wohnen im eigentum e.V.„, Geschäftsstelle Bonn, tätig. Wohnen im eigentum e.V. ist ein Zusammenschluss von Eigentümern und Eigentümerinnen von selbstgenutzten Häusern und Eigentumswohnungen. Als Verbraucherschutzverein sieht sich der Verein einzig der Vertretung der Interessen seiner Mitglieder gegenüber Politik und Wirtschaft verpflichtet.

Architektin Dipl.-Ing. Birgit Thielmann

Dipl-Ing. Birgit Thielmann. (Foto: wohnen im eigentum e.V.)

Frau Thielmann, hat sich der Anteil weiblicher Bauherren in den vergangenen Jahren deutlich erhöht? Falls ja, wie hoch schätzen Sie ihn ein?

Mir sind keine statistischen Erhebungen bekannt, die diese Frage thematisiert. Antwort darauf geben könnten die Bauämter der Städte, wenn sie denn eine Strichliste männlich/weiblich beim Eingang der Bauanträge führen würden. Meine Vermutung ist aber, dass sich der Anteil nicht signifikant erhöht hat. Ein Haus zu bauen hat immer etwas zu tun mit Familienplanung. In dieser Lebensphase sind meiner Ansicht nach die Aufgaben innerhalb der Familie noch immer recht. traditionell verteilt. Als Beraterin bei „wohnen im eigentum e.V.“ führe ich in etwa gleich viele Beratungsgespräche „rund ums Haus“ mit Frauen und Männern. Auch sehr spezielle technische Anfragen, die sich auf die Solartechnik, die Dachdämmung etc. beziehen, werden von Frauen an mich gerichtet.

Werden Häuser von Frauen anders geplant als von Männern?

Wenn die Frage auf die Planung der Frau als Bauherrin abzielt, also ihre Mitbeteiligung durch den Architekten oder die Architektin beim Entwurf eines eigenen Häuschens, würde ich dies durchaus bejahen.

In welchen Bereichen lassen sich deutliche Unterschiede ausmachen?

Ich denke, dass Frauen andere Schwerpunkte setzen: Das fängt bei der Küche an und setzt sich übers Bad und die einzelnen Wohnräume weiter fort. Die Bauherrin ist – auch wenn sie sich heute nicht mehr wie noch vor 30 oder 40 Jahren als „Hausfrau“ im traditionellen Sinne versteht – immer noch diejenige, die die einzelnen Alltagsabläufe genauer im Blick hat als der Mann. Wenn sie einen guten Blick für Funktionen hat, beeinflusst sie die Grundrissplanung positiv.

Noch immer werden Know-How und Verständnis für Technik eher den Bauherren zugesprochen. Das Vorurteil lässt sich nur schwer aufbrechen. Wie kommt das?

Die Arbeitsagentur der Stadt Hamburg kam über eine statistische Erhebung zu dem Ergebnis, dass die sog. MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) auch heute noch nach wie vor eine Männerdomäne sind. Nur 4,6 Prozent aller Frauen arbeiten in MINT-Berufen; bei den Männern sind es dagegen 15,9 Prozent. Ich denke, dieses Ergebnis kann – mehr oder weniger stark je nach Region – als repräsentativ gelten. Daraus lässt sich nicht ohne weiteres auf ein grundsätzlich geringeres technisches Interesse bei Frauen gegenüber den Männern schließen. Aber ich glaube, dass die Freude an und die Neugier auf alles, was mit Technik zu tun hat, auch heute noch immer nicht stark genug unter der weiblichen Bevölkerung gefördert und herausgefordert wird.

Wie sehen Ihre Erfahrungen mit Bauherrinnen aus, wenn es um energetische Techniken wie etwa um Heiztechnik, Photovoltaik, Solarkollektoren etc. für den Hausbau geht?

Die Bauherrin ist nicht immer besser, gleichwohl häufig aber genauso gut über Energieeffizienzen in allgemeiner Form informiert wie der Bauherr. Ihr sind i.d. Regel noch mehr als dem Bauherrn die beiden Gesichtspunkte wichtig: Das Haus soll ökonomisch und ökologisch zu ihr und ihrer Familie passen. Sie strebt vorrangig an, unter Aspekten der Nachhaltigkeit zu bauen, verliert dabei aber nicht die Finanzierbarkeit aus den Augen.

Können Frauen eher für umweltverträgliche Materialien und Umweltaspekte bei modernen Neubauten begeistert werden als Männer oder hat sich in diesem Bereich inzwischen durchweg ein hohes Maß an umweltbewusstem Denken breit gemacht?

Ich denke, die sog. Begeisterung hält sich bei beiden insofern in Grenzen, als alle Machbarkeit in energetischer Hinsicht einer Überprüfung durch das persönliche Budget unterzogen werden muss. Denn ob nun Begeisterung vorliegt oder nicht: Der Gesetzgeber hat durch seine Vorgaben in der Energieeinsparverordnung (EnEV) und im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den Wahlspielraum beschränkt. Insbesondere beim Neubau kommen beide, Bauherr und Bauherrin nicht an der Tatsache vorbei, dass energiesparend und auch unter dem Nachhaltigkeitsgedanken (erneuerbare Energien) gebaut werden muss. Des Weiteren gilt aber auch hier der Gedanke, dass Frauen Nachhaltigkeit und Finanzierbarkeit sehr sorgfältig gegeneinander abwägen.

Header-Foto: Gerd Altmann / Pixelio.de

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Autor: Ursula Pidun
Veröffentlicht in: Architektur, Hausbau, Interview
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