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Desinfektionsmittel für mehr Hygiene: Nicht immer nötig!

“Nach dem Klo und vor dem Essen, Hände waschen nicht vergessen!“ Dieser altbekannte Spruch sagt nichts über Desinfektionsmittel, die derzeit so häufig wie nie über den Ladentisch gehen. Sind sie für die Hygiene wirklich nötig?

Nicht alle Krankheitserreger lassen sich durch das Abwischen mit dem Schwamm entfernen.

Nicht alle Krankheitserreger lassen sich durch das Abwischen mit dem Schwamm entfernen.
(Bild: bignai / clipdealer.de)

Desinfektionsmittel anwenden: Für Hände und zur Flächendesinfektion

Die Meinungen sind gespalten. Während die einen sagen, dass Desinfektionsmittel unbedingt nötig seien, um Viren und Bakterien an den Händen und auf Oberflächen den Garaus zu machen, sehen andere, darunter auch Wissenschaftler, die Anwendung der Mittel kritisch. Fakt ist, dass der Einsatz von Desinfektionsmitteln genau abzuwägen ist, denn bei aller Hygiene wird dennoch in die gesunde Hautbarriere eingegriffen.

Nützliche Desinfektionsmittel in verschiedenen Situationen

Auch in Zeiten des Corona-Virus muss niemand eine komplette Flächendesinfektion der Wohnung vornehmen. Wer jedoch frische Fleisch auf seiner Arbeitsplatte in der Küche zubereitet und Angst vor Viren und Bakterien hat, sollte genau das tun. Denn nicht alle Krankheitserreger lassen sich durch das bloße Abwischen mit dem Schwamm, der in Wasser und Spülmittel getaucht wurde, entfernen. Eine gründliche Flächendesinfektion kann daher sinnvoll sein. Mehr braucht es im Haus allerdings nicht, auch wenn Kleinkinder zugegen sind. Niemand muss seine Wohnung keimfrei halten, denn der menschliche Körper ist sehr gut auf den Kontakt mit Viren und Bakterien eingestellt. Das Immunsystem wird Tag für Tag trainiert und bekommt lediglich bei immuneingeschränkten Menschen Probleme.

Wer von der öffentlichen Toilette kommt und hier verständlicherweise kein gutes Gefühl hat, kann ebenfalls auf Desinfektionsmittel zurückgreifen. Diese gibt es in speziellen Tüchern, sodass sie unterwegs immer zur Verfügung stehen. In anderen Situationen aber ist es meist nicht sinnvoll, entsprechende Mittel anzuwenden. Der Einkaufswagen muss nicht desinfiziert werden, wenn sich die betreffende Person nicht beim Einkaufen selbst ständig ins Gesicht fasst und sich nach der Rückkehr nach Hause direkt die Hände wäscht.
Desinfektionstücher und -mittel sind hingegen in Situationen nützlich, in denen kein Wasser und keine Seife zur Verfügung stehen, was beispielsweise bei Raststättentoiletten häufig der Fall ist.

Keine Schmutzentfernung durch Desinfektionsmittel

In puncto Hygiene braucht es beides: Hände waschen und Desinfektionsmittel. Denn vielen Menschen ist nicht klar, dass sie die Hände oder Flächen durch Desinfektionsmittel nicht von Schmutz befreien. Es werden lediglich Viren und Bakterien sowie andere Mikroorganismen abgetötet. Durch das Waschen hingegen wird der Schmutz angelöst, beim anschließenden Abspülen wird er entfernt. Das ist sehr schön im Selbstversuch nachzuvollziehen. Man nehme ein Mittel zur Desinfektion und reibe sich damit nach dem Einkaufen die Hände ein. Mikroorganismen sind tot, schmutzig sehen die Hände aber immer noch aus. Im zweiten Versuch werden die Hände nach dem Einkaufen mit Seife und warmem Wasser gewaschen. Beim Abspülen der Seife wird ein grauer Schaum wahrnehmbar, danach sehen die Hände sauber aus.

In gewissen Fällen kann daheim ein desinfizierendes Mittel sinnvoll sein.

In gewissen Fällen kann daheim ein desinfizierendes Mittel sinnvoll sein. (Bild: Michael-T / pixabay.com)

Desinfektionsmittel zu Hause: Unter bestimmten Umständen sinnvoll

Zu Hause brauchen keine Flächen desinfiziert zu werden, auch wenn hier die gesamte Familie Kontakt mit diesen Flächen hat. Dennoch kann ein desinfizierendes Mittel daheim sinnvoll sein. Wenn zum Beispiel ein Familienmitglied einen Magen-Darm-Virus mitgebracht hat, sollten sich alle anderen die Hände mit Desinfektionsmittel behandeln, wenn sie selbst von der Toilette kommen. Waschbecken, Toilettenspülung und der Sitz der Toilette sollten ebenfalls desinfiziert werden, wenn zum Beispiel das erkrankte Kind dort war. Hier kann es sogar sinnvoll sein, den Bereich rund um die Toilette zu desinfizieren, etwa dann, wenn sich das Kind übergeben musste und dabei wenig „treffsicher“ war.
Wer Kontakt zu erkrankten Menschen außerhalb des Haushalts hatte, sollte sich ebenfalls beim nach Hause kommen die Hände desinfizieren. Dies gilt zudem für alle Haushaltsmitglieder, wenn ein immungeschwächter Mensch mit im Haushalt lebt.

Wichtig ist dabei aber die Wahl des richtigen Desinfektionsmittels, denn nicht alle Mittel helfen gleichermaßen gegen alle Viren. Teilweise ist der Norovirus ausgeschlossen, manchmal sind es bestimmte Bakterien oder das Mittel wirkt nicht fungizid, also gegen Pilze. Der Apotheker berät dazu gern! Wer als absoluter Laie nach entsprechenden Mitteln sucht, sollte daher lieber den Gang in die Apotheke wählen, als nur im Supermarkt das günstigste Desinfektionsmittel zu kaufen.

Die Schattenseiten eines Trends

Früher hieß es, dass schmutzige Kinder glückliche Kinder seien. Der Hintergrund zu dieser Aussage war, dass diese Kinder im Dreck draußen spielen durften und nicht überbehütet und von Desinfektionsmitteln verfolgt aufwachsen mussten. Auch heute gilt: Desinfektionsmittel sind unnötig, zumindest in den meisten Fällen. Sie richten bei unsachgemäßem Gebrauch mehr Schaden als Nutzen an, auch wenn viele Menschen dies nicht einsehen wollen und sich durch die Mittelchen sehr sicher geschützt fühlen.

Schäden durch Handdesinfektionsmittel

Gerade angesichts der heute dank Corona üblichen ständigen Desinfektion der Hände reagiert die Haut zunehmend gereizt auf diese Art der Behandlung. Vor allem wenn Farb- und Duftstoffe enthalten sind, reagiert die Haut häufig sensibel, es entstehen Rötungen und Juckreiz. Teilweise wird eine Neurodermitis gefördert, wenn diesbezüglich bereits eine Disposition vorliegt.
Doch auch auf manch anderen Bereich wirken die Desinfektionsmittelchen, die heute überall im Einsatz sind, schädlich. Sie belasten durch Triclosan und andere Stoffe die Umwelt. Gelangen sie in das Abwasser, schädigen sie dort auch gute Mikroorganismen, auf die wir als Menschen eigentlich gar nicht verzichten wollen oder können. Außerdem werden gefährliche Keime durch die ständige Konfrontation mit den Mitteln resistent, sodass immer neue Wirkstoffe gefunden werden müssen, um das gewünschte Ziel zu erreichen.

Bei ständiger Desinfektion reagiert die Haut zunehmend gereizt auf diese Art der Behandlung.

Bei ständiger Desinfektion reagiert die Haut zunehmend gereizt auf diese Art der Behandlung.
(Bild: Engin_Akyurt / pixabay.com)

Richtige Anwendung ist unbekannt

Die meisten Menschen sind der Meinung, dass die Anwendung von Desinfektionsmitteln ganz leicht sei. Auf den gewünschten Bereich aufsprühen, trocknen lassen, fertig. Doch ganz so einfach ist es nicht! Die Mittel werden wie folgt angewendet:

  • Hände müssen trocken sein
  • Hände einreiben, dabei darauf achten, dass die gesamte Haut benetzt ist
  • Daumen und Fingerspitzen nicht vergessen
  • über 30 Sekunden einwirken lassen
  • Produkt nicht abwaschen

Zur Flächendesinfektion wird der jeweilige Bereich komplett benetzt, auch hier müssen die Hygienemittel mindestens 30 Sekunden einwirken können. Solange sollte dieser Bereich feucht bleiben.

Experten sind sich einig: Wasser und Seife sind ausreichend

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) lässt verlautbaren, dass Desinfektionsmittel eigentlich nicht nötig, sind, wenn keine besonderen Umstände vorliegen. Seife und Wasser würden völlig ausreichend sein! Doch auch das Händewaschen will gelernt sein. Es reicht nicht, einfach ein wenig Schaum auf die Handflächen zu geben und diesen wieder abzuspülen. Vielmehr muss die Seife für rund 30 Sekunden verteilt werden, wobei die kompletten Handbereichen (auch außen) eingeschäumt werden sollen. Danach mit kaltem oder warmem Wasser abspülen und Hände gut abtrocknen.
Auch die Experten des BfR sehen in Desinfektionsmitteln durchaus gefährliche Produkte, die Ekzeme und Allergien verstärken können. Sie gehen sogar soweit, dass sie den Mitteln unterstellen, die Resistenz gegen Antibiotika zu fördern, denn die Mikroorganismen passen sich an. Sie werden gegen die verschiedenen Wirkstoffe tolerant, denen sie in einem nicht lebensbedrohlichen Maße ausgesetzt werden. Im Grunde ist diese Reaktion mit einer Impfung zu vergleichen. Der Körper wird dem schädlichen Virus durch die Impfung ausgesetzt und erkennt diesen. Er weiß direkt, dass er mit der Produktion von Antikörpern beginnen muss, um gesund zu bleiben. Der Virus, der sich an das Desinfektionsprodukt gewöhnt hat, reagiert ähnlich. Er hat immer wieder Kontakt dazu und bildet Abwehrmechanismen. Selbst gegen höhere Konzentrationen ist er dann immun. Da dies nicht die gewünschte Wirkung ist, raten Experten dringend dazu, die entsprechenden Mittel in verträglichen Dosen anzuwenden. Und: Wer keinen Kontakt zu Krankheitserregern hat, braucht diese auch nicht künstlich zu bekämpfen.

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Autor: Veröffentlichung durch Stefan Oberhauser
Veröffentlicht in: Wohnen, Ratgeber
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