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Förderungsstopp – INTERVIEW mit Dr. Ilona Klein

Pläne zur steuerlichen Förderungen bei Gebäudesanierungen in der BRD wurden kürzlich im Bundesrat gestoppt. Doch ist das letzte Wort tatsächlich schon gesprochen oder gibt es Hoffnung auf ein Vermittlungsverfahren? Wir haben nachgefragt. Im Gespräch mit Dr. Ilona K. Klein, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe.

Gebäudesanierung

Energetische Gebäudesanierung sollte ursprünglich steuerlich gefördert werden (Foto: Uwe Steinrich / Pixelio.de)

Das Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen an Wohngebäuden wurde Anfang Juli 2011 im Bundesrat abgelehnt. Gibt es überhaupt schon steuerliche Förderungsmaßnahmen in diesem Bereich?

Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe.

Dr. Ilona K. Klein ist Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim ZDB (Foto: ZDB)

Bisher gibt es noch keine steuerliche Förderung für Maßnahmen der energetischen Gebäudesanierung, wenn man vom sog. Handwerkerbonus absieht.

Mit welcher Begründung wurden die Vorschläge im Bundesrat denn abgelehnt?

Abgelehnt wurde das Gesetz von der rot-grünen Mehrheit im Bundesrat. Diese hat eigene Vorstellungen, wie eine steuerliche Abschreibung zu gestalten ist. Darüber hinaus soll diese bei einem Gesamtinvestitionsvolumen von 75.000 € gedeckelt werden.

Was bedeutet die Ablehnung für die Bauwirtschaft?

Die Ablehnung der steuerlichen Förderung bedeutet, dass weniger saniert werden wird. Das ist insbesondere für unsere Umwelt bedauerlich, denn die von der Bundesregierung gewollte Sanierungsquote wird so nicht erreicht werden. Darin sind sich alle Experten einig.

Im Bundesrat wurde also speziell die Ausgabenseite unter die Lupe genommen. Eine diesbezügliche Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen könnte aber doch auch die Einnahmenseite stärken?

Das stimmt. Denn höhere Bauinvestitionen bedeuten höhere Einnahmen bei Steuern und Sozialabgaben. Höhere Bauinvestitionen bedeuten aber auch einen wirkungsvollen Beitrag zur Binnenkonjunktur. Das haben die Konjunkturpakete zur Bewältigung der Finanzkrise deutlich gezeigt. Angesichts einer sich abschwächenden Gesamtkonjunktur macht es Sinn, die Binnenkonjunktur weiter zu stärken.

Was kann Ihr Verband tun – ggf. auch im Verbund mit anderen Fachverbänden sowie der Energiewirtschaft? Signalisieren die Länder zumindest Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft?

Wir können gemeinsam mit anderen Verbänden an die drei Verfassungsorgane, Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, appellieren, ein Vermittlungsverfahren einzuleiten. Das haben wir im Hinblick auf Bundesregierung und Ministerpräsidenten/ Ministerpräsidentinnen bereits getan. Wir werden uns zum Ende der parlamentarischen Sommerpause noch an die Bundestagsabgeordneten wenden. Denn auch der Bundestag kann mit seiner Mehrheit den Vermittlungsausschuss anrufen.

Bundeskabinett und Bundestag hatten sich ja bereits für diese Form der Förderung ausgesprochen, da nur die steuerliche Anerkennung von energetischen Sanierungsmaßnamen Modernisierungen an Wohngebäuden in genügendem Maße mit sich bringt. Würde es nicht ausreichen, wenn die KfW die Mittel entsprechend aufstockt?

Nein, das würde es nicht; denn mit der steuerlichen Förderung der energetischen Sanierung werden ganz andere Investorengruppen angesprochen, als durch die Förderung mit KfW-Mitteln. Dabei handelt es sich um solche Haus- und Wohnungseigentümer, die keine Kredite benötigen oder wollen, die aber aufgrund steuerlicher Anreize bereit wären zu investieren.

Die Ablehnung der Vorschläge im Bundesrat trifft vor allem auch private Hausbesitzer. Diese Klientel macht einen besonders großen Anteil aus mit entsprechend hohen Investitionen?

Die privaten Wohnungs- und Hausbesitzer sind doch gerade diejenigen, die wir aktivieren müssen, wenn es uns mit der Sanierung unserer Wohnungsbestände ernst ist. In ihrem Besitz befindet sich ein Großteil unserer Wohnungen und Häuser.

Ein Gesetz zur steuerlichen Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen könnte auch eine Vielzahl an neuen Arbeitsplätzen schaffen?

Ein Gesetz schafft per se keine Arbeitsplätze. Wenn dadurch aber höhere Investitionen ausgelöst werden, wovon auszugehen ist, können bestehende Arbeitsplätze insbesondere im regional ansässigen mittelständischen Baugewerbe erhalten und neue geschaffen werden.

Sieht der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes den Bundesrat nun in der Verantwortung, einzulenken?

Wir sehen alle Beteiligten in der Verantwortung, das gilt für den Bundesrat gleichermaßen wie für Bundesregierung und Bundestag, schließlich haben letztere das Gesetz gewollt, gemacht und auch verabschiedet. Daher müssten Bundesregierung und Bundestag eigentlich ein Interesse daran haben, dass es nun auch In-Kraft-Treten kann.

Was wünscht sich der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes in Hinblick auf die Energiewende ganz generell und jenseits der speziellen steuerlichen Förderungsmaßnahmen für die Zukunft?

Wir hoffen, dass es der Politik mit der Energiewende ernst ist und dass sie ihre Förderpolitik langfristig anlegt. Denn Investoren, egal ob privat oder gewerblich, brauchen längerfristige Planungssicherheit. Höhere Investitionen stärken die Binnenkonjunktur und sichern damit Arbeitsplätze am Wirtschaftsstandort Deutschland.

Das Interview führte Ursula Pidun

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Dr. Ilona K. Klein
studierte Politikwissenschaft, Geschichte und Latein an der Albrecht-Ludwigs-Universität in Freiburg und an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Nachdem sie in verschiedenen Funktionen für die Friedrich-Naumann-Stiftung tätig war, ist sie seit 1997 Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe.

Zum Zentralverband Deutsches Baugewerbe:
Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes vertritt als Wirtschafts-, Arbeitgeber- und Technischer Verband rund 35.000 mittelständische Bauunternehmen. Als größter Branchenverband repräsentieren wir das gesamte Spektrum des Baugewerbes: Vom klassischen Hochbau, über den Straßen- und Tiefbau bis hin zum Ausbau. Dazu gehören u.a. Hochbauer, Straßenbauer, aber auch Fliesenleger, klassische Zimmerer, Holzbauer, Brunnenbauer, Spezialtiefbauer bis hin zum Estrichleger. Unter seinen Mitglieder finden sich fast alle Sparten des Baugewerbes bis hin zum Schlüsselfertigbau und Firmen, die von der Projektabwicklung bis zum Facility Management alle Dienstleistungen anbieten sowie komplette ÖPP-Projekte abwickeln. Unter dem Dach des ZDB sind sowohl handwerklich geprägte, kleinere Unternehmen sowie inhabergeführte größere Mittelständler vereint. Die Betriebe des Baugewerbes erwirtschaften mit 144 Milliarden Euro knapp 60 Prozent der gesamten Bauinvestitionen und beschäftigen mehr als 75 Prozent aller Arbeitnehmer und Auszubildenden der Bauwirtschaft.

Verweise:

Gebäudesanierungen – Steuerförderung gestoppt

Weitere Interviews:

Günstige Zinsentwicklung – nachgefragt beim vdp
Bauabnahme – Interview mit Dipl. Ing. Ulrich Schiffler
Die Bauherrin – Interview mit Dipl. Ing. Birgit Thielmann

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Autor: Ursula Pidun
Veröffentlicht in: Hausbau, Interview
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