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Günstige Zinsentwicklung – nachgefragt beim vdp

Deutsche Banken verkünden gute Nachrichten. Demnach führt die derzeitige Zinsentwicklung zu günstigem Baugeld. Da stellt sich für Bauherren die Frage, ob hinsichtlich des geplanten Neubaus Eile geboten ist. Nachgefragt beim Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp).

Beratung Baudarlehen

Ausreichend Zeit für eine professionelle Beratung sollte sich jeder Bauherr nehmen. (Foto: Nicolas Hansen / Istockphoto.com)

Für Bauherren klingen die aktuellen Nachrichten vom Kreditmarkt gut: Demnach ist Baugeld zurzeit recht günstig zu haben. Doch was genau bedeutet dies für Bauherren, die auf der Suche nach der geeigneten Finanzierung für den Neubau sind? Ist etwa Eile geboten? Wir haben beim Verband deutscher Pfadnbriefbanken (vdp) nachgefragt.

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) ist einer der fünf Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft und Mitglied im Zentralen Kreditausschuss. Seine Mitgliedsinstitute gehören zu den bedeutendsten Kapitalgebern für den Wohnungs- und Gewerbebau sowie für den Staat und seine Institutionen. Im vdp sind alle deutschen Kreditinstitutsgruppen vertreten. In ihren Kerngeschäftsfeldern halten die Mitgliedsinstitute des vdp beträchtliche Marktanteile. Gut ein Viertel der Wohnungskredite, mehr als drei Fünftel der gewerblichen Ausleihungen und rund die Hälfte der Staatskredite in Deutschland entfallen auf vdp-Mitglieder.

Derzeit häufen sich erfreuliche Meldungen hinsichtlich der Zinsen für Baudarlehen. Demnach wollen insbesondere deutsche Banken Baudarlehen mit noch günstigerem Zinssatz anbieten. Was ist dran an dieser Meldung?

Da es sich bei der grundpfandrechtlich besicherten Finanzierung von Eigenheimen um ein relativ sicheres Geschäft handelt und der Markt dafür in Deutschland sehr umkämpft ist, waren die Gewinnmargen für die Banken schon in der Vergangenheit niedrig. Zusätzlich hat sich in den letzten Jahren die Zahl der Anbieter, die Immobilienfinanzierungen anbieten, deutlich erhöht. Das übt weiteren Druck auf die Margen aus. In der Kreditwirtschaft wird von der Immobilienfinanzierung als einem Ankerprodukt gesprochen: die langen Laufzeiten solcher Darlehen bringen die Chance mit sich, im Laufe dieser Zeit die Geschäftsbeziehung mit dem Kunden zu erweitern. Daher locken viele Banken mit günstigem Baugeld.

Woraus resultiert überhaupt die Möglichkeit, günstigere Zinsen für Baudarlehen anbieten zu können? Der Leitzins – also jener Zins, für den sich Banken Gelder beschaffen – wurde ja nicht gesenkt sondern im Gegenteil leicht erhöht?

Deutschland profitiert derzeit aufgrund der Lage auf den internationalen Finanzmärkten vom Zustrom von Kapital. Darin sind die wesentlichen Gründe für den Rückgang der Zinsen auch auf dem Baufinanzierungsmarkt zu sehen. Die geringe Leitzinserhöhung spielt dabei keine große Rolle.

Die Zinsentwicklung für Immobilienfinanzierungen ist in den vergangen Jahrzehnten kontinuierlich gesunken. Lag der Zinssatz vor 20 Jahren noch bei über acht Prozent, so liegt er heute um drei Prozent. Welche Faktoren führen zu solchen, sehr kontinuierlichen und andauernden Absenkungen?

Die Zinsen für alle langfristigen Darlehen, auch für Wohnimmobiliendarlehen, richten sich überwiegend nach dem Zinsniveau am Kapitalmarkt. Der Preis für „langfristiges Geld“ auf diesem Markt richtet sich – wie auf allen Märkten – vor allem nach Angebot und Nachfrage. Anfang der 1990er Jahre gab es – auch bedingt durch die Wiedervereinigung – eine sehr hohe Nachfrage am Kapitalmarkt, weshalb die Zinsen deutlich stiegen. In den letzten Jahrzehnten war das Gegenteil zu beobachten, in der Branche wird von einem Anlagedruck gesprochen.

Können Bauherren darauf hoffen, dass sich eine solche Zinsentwicklung fortsetzt und die Zinsen weiter sinken? Oder ist das Ende der Fahnenstange bereits erreicht?

Die weitere Entwicklung der Zinsen auf dem Kapitalmarkt ist nicht vorherzusagen, weil sie von sehr vielen Faktoren abhängt. Allerdings ist der Kauf einer eigenen Immobilie regelmäßig die größte Investition, die Menschen im Laufe ihres Lebens tätigen. Diese Entscheidung will wohl überlegt sein. Im historischen Vergleich sind die Zinsen sehr niedrig. Ein potenzieller Eigenheimerwerber sollte sich nicht unter zeitlichen Druck setzen lassen oder gar versuchen, die historisch beste Kondition zu bekommen. Wichtig ist vielmehr, dass er sich die günstige Kondition über viele Jahre sichert.
Wir raten dazu, über die als üblich geltende Zinsfestschreibungsdauer von zehn Jahren hinaus zu gehen. Zusätzlich sollte das günstige Zinsniveau für eine Erhöhung der Tilgungsrate genutzt werden. Ein Beispiel: für Darlehen mit einer Zinsbindung von 15 Jahren waren in den letzten 20 Jahren durchschnittlich 7 Prozent zu bezahlen. Bei einem Annuitätendarlehen mit einer Tilgung von einem Prozent pro Jahr bedeutete das eine Monatsrate von 667 Euro pro 100.000 Euro Darlehenssumme. Zu den derzeitigen Konditionen ist für knapp 630 Euro im Monat pro 100.000 Euro eine Tilgungsrate von drei Prozent pro Jahr möglich. Nach Ablauf der 15 Jahre hat der Eigenheimkäufer dann nur noch eine Restschuld von etwas mehr als einem Viertel der ursprünglichen Darlehenssumme – das wird die Anschlussfinanzierung sicher erleichtern.

Was resultiert aus Zinserhöhungen für Baudarlehen ganz konkret in Hinblick auf die Bauwirtschaft einerseits und was bedeutet es für die derzeit doch eher als euphorisch einzuschätzende Baufreudigkeit privater Bauherren?

Verschiedene Indikatoren – etwa die Zahl der Baugenehmigungen – zeigen, dass die Nachfrage nach Wohnimmobilien in den letzten beiden Jahren nach einer mehrjährigen Phase des Niedergangs wieder zugenommen hat, allerdings regional deutlich unterschiedlich. Die Frage der Höhe des Zinses auf dem Kapitalmarkt ist für die Nachfrage nach Wohnimmobiliendarlehen nur ein Faktor. Entscheidender ist beispielsweise die Frage, für wie sicher die Eigenheimkäufer in spe ihren Arbeitsplatz halten. Es hat in Deutschland einen Bau-Boom zu Hochzins-Zeiten gegeben, wogegen die bis 2009 zurückgehenden Zahlen der Baugenehmigungen mit beinahe ebenso stetig sinkenden Zinsen für Baudarlehen einhergingen.
Auf bestehende Finanzierungen haben Änderungen der Konditionen für Baudarlehen während der Phase der Zinsfestschreibung ohnehin keine Auswirkung. Das ist einer der Gründe für die relative Stabilität des deutschen Immobilienmarktes.

Wo sehen Sie Schwierigkeiten für den deutschen Markt für Baudarlehen? Gibt es Einflussmöglichkeiten, die Sie wahrnehmen können, um die Position der Baudarlehensnehmer zu stärken?

Wir halten den langjährigen Festzinskredit für ein kundenfreundliches Produkt. Er macht die finanzielle Belastung während der Phase der Zinsfestschreibung – häufig also über zehn Jahre oder mehr – auf den Cent genau planbar. Ob es an den Kapitalmärkten stürmt oder schneit kann den Kunden in dieser Zeit also gleichgültig sein. Zugleich bieten ihnen Sondertilgungsoptionen und die Möglichkeit, den Tilgungssatz zu ändern die nötige Flexibilität, um auf unvorhergesehene Veränderungen ihrer wirtschaftlichen Situation reagieren zu können. Der langjährige Festzinskredit ist vielleicht auch wegen dieser Kombination der Vorteile das Lieblingsprodukt der Deutschen bei der Finanzierung ihrer eigenen vier Wände. Allerdings ist er jetzt auf europäischer Ebene in Gefahr geraten. Es geht um die Vorfälligkeitsentschädigung. Das ist der Schadensersatz, den Kunden zu zahlen haben, wenn sie während der ersten zehn Jahre der Zinsfestschreibung das Darlehen vorzeitig kündigen wollen. Hier könnte allerdings eine nur auf den ersten Blick verbraucherfreundliche Regelung aus Brüssel kommen, die die Darlehen für alle Kunden teurer machen würde, vor allem für die große Masse der Kunden, die nicht vorzeitig kündigt. Wir versuchen, das zu verhindern und meinen, die besseren Argumente auf unserer Seite zu haben.

Gibt es in Bezug auf Baudarlehen Verbesserungsbedarf und was wünscht sich der Verband deutscher Pfandbriefbanken in der Zukunft in Hinblick auf das Immobilienfinanzierungsgeschäft?

Der deutsche Markt für Baudarlehen ist – wie eingangs bereits erwähnt – sehr wettbewerbsintensiv. Das ist gut für die Kunden, die nicht nur von Konditionen profitieren, die zu den günstigsten in Europa gehören, sondern auch aus einer Produktvielfalt auswählen können, die es nicht überall gibt. Auch wenn sich die meisten Kunden für das langjährige Festzinsdarlehen entscheiden, so haben sie die freie Wahl bei der Art der Finanzierung. Wer etwa die eben erwähnte Vorfälligkeitsentschädigung im Falle einer vorzeitigen Kündigung nicht zahlen möchte, kann sich für ein variabel verzinstes Darlehen oder für ein Festzinsdarlehen ohne Vorfälligkeitsentschädigung (mit entsprechendem Aufschlag auf die Kondition) entscheiden. Wir halten diese Wahlfreiheit für wichtig, sie wird aber – wie eben angedeutet – möglicherweise durch Regelungen auf europäischer Ebene eingeschränkt.

– Die Fragen stellte Ursula Pidun –

Weitere Interviews:

Verweise:

Baufinanzierung – Der Vergleich macht sicher
Baufinanzierung durch Direktbank?
Baudarlehen – die Anschlussfinanzierung
Endspurt für die günstige Baufinanzierung

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Autor: Ursula Pidun
Veröffentlicht in: Hausbau, Finanzierung, Interview
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