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Wie kann man Vorfälligkeitszinsen bei der Baufinanzierung vermeiden?

Will ein Kreditnehmer den Kredit vorzeitig ablösen, berechnet die Bank zum Ausgleich für entgangene Darlehenszinsen Vorfälligkeitszinsen, um den eigenen Zinsschaden zu minimieren.

Mit den Vorfälligkeitszinsen lässt sich die Bank den Zinsschaden bezahlen.

Mit den Vorfälligkeitszinsen lässt sich die Bank den Zinsschaden bezahlen. (Bild: halfpoint/clipdealer.de)

Vorfälligkeitszinsen berechnen und vermeiden

In den meisten Fällen wird eine Baufinanzierung mit einer langen Zinsbindung vereinbart, um den Bauherren über den gesamten Zeitraum Planungssicherheit zu geben. Nach Paragraf 489 BGB haben Darlehensnehmer jedoch nach zehn Jahren die Möglichkeit, ein Sonderkündigungsrecht wahrzunehmen. Mit sechsmonatiger Kündigungsfrist können sie den Kreditvertrag kündigen. Diese Option wird dann wahrgenommen, wenn die Zinsen sich rückläufig entwickelt haben und zum aktuellen Zeitpunkt die Restschuld zu wesentlich günstigeren Zinskonditionen finanziert werden kann.

Die Vorteile für den Kreditnehmer liegen auf der Hand: Entweder er kann mit gleichbleibender Monatsrate das Darlehen schneller zurückzahlen oder die monatlichen Raten reduzieren und somit das frei verfügbare Einkommen erhöhen. Beabsichtigt der Kreditnehmer jedoch, vor Beendigung der Zehn-Jahresfrist vorzeitig den Kredit zu kündigen, hängt die Vereinbarung der Modalitäten von der Kulanz der Bank ab. Für das Kreditinstitut bedeutet eine vorzeitige Kündigung den Verlust vereinbarter Zinszahlungen und als Ausgleich für diesen Zinsschaden werden Vorfälligkeitszinsen berechnet.

Welche Anlässe führen zur vorzeitigen Kündigung des Kreditvertrags?

Die meisten Menschen bauen oder kaufen nur einmal im Leben eine Immobilie, um diese als eine Säule der Altersvorsorge zu nutzen, Mieterhöhungen zu vermeiden und auf diese Weise Kapital zu bilden. Doch manchmal ändern sich Pläne und der Kreditnehmer möchte oder muss vorzeitig aus der Baufinanzierung aussteigen. Innerhalb der mit der Bank vereinbarten Zinsbindungsfrist wird das jedoch meist ziemlich teuer.

Allein die Tatsache, dass man die Baufinanzierung bei einer anderen Bank zu günstigeren Zinsen fortführen könnte, berechtigt nicht zu einer vorzeitigen Kündigung des Kreditvertrags. Dies ist nur möglich, wenn man sein Haus verkaufen möchte, weil man beispielsweise aufgrund einer Scheidung den Zugewinn ausgleichen muss. Ein weiterer Anlass für eine vorzeitige Kündigung kann darin bestehen, dass man eine Nachfinanzierung benötigt, die Bank jedoch nicht bereit ist, die vereinbarte Darlehenssumme zu erhöhen.

In diesen Fällen trifft das berechtigte Interesse des Kreditnehmers auf das Interesse der Bank, die vereinbarten Zinszahlungen für die volle Laufzeit zu erhalten. Aus diesem Grund verlangt die Bank einen Schadensersatz für entgangene Zinsgewinne in Form der Vorfälligkeitszinsen.

Wie werden die Vorfälligkeitszinsen berechnet?

Es gibt keine eindeutige gesetzliche Regelung, wie die Bank bei der Berechnung der Vorfälligkeitszinsen vorgehen muss. Damit den Kreditnehmern keine Vorfälligkeitszinsen berechnet werden, die unverhältnismäßig hoch sind, hat der Bundesgerichtshof (BGH) Leitlinien formuliert.

Banken haben zwei Möglichkeiten die Vorfälligkeitszinsen zu berechnen:

  • Aktiv-Aktiv-Methode
  • Aktiv-Passiv-Methode

Bei der Berechnung werden folgende Faktoren berücksichtigt:

  • Höhe der Restschuld
  • Höhe des Zinssatzes
  • Restlaufzeit des Darlehens
  • aktuelles Zinsniveau

Aktiv-Passiv-Methode

Nach dieser Methode gehen die Banken am häufigsten vor, um die Entschädigung zu berechnen. Zunächst wird die Darlehensrendite ermittelt, die bei Fortführung des Vertrages erzielt worden wäre. Außerdem wird die Rendite berechnet, welche die Bank erzielen würde, wenn das freigewordene Kapital in Hypothekenpfandbriefen mit identischer Laufzeit angelegt würde.

Nun wird die Differenz beider Summen gebildet und diese ergibt die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung. Bei einer langen Restlaufzeit und niedrigen Zinsen für Hypothekenpfandbriefe ergibt sich ein hoher Verlust für die Bank, wenn der Kreditvertrag vorzeitig gekündigt wird. Dementsprechend wird eine hohe Entschädigung fällig.

Aktiv-Aktiv-Methode

Bei dieser Methode wird davon ausgegangen, dass die frei gewordene Summe von der Bank an einen anderen Kreditnehmer vergeben wird. Bei in der Zwischenzeit gesunkenen Bauzinsen ergibt sich auch daraus ebenfalls ein finanzieller Verlust für die Bank, für den sie eine Entschädigung verlangt.

Mit dem Online-Rechner die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen

Online-Rechner ermöglichen eine ungefähre Berechnung der Vorfälligkeitszinsen, sodass der Kreditnehmer eine Einschätzung dessen erhält, was im erlaubten Rahmen liegt. Es ist sinnvoll, sich an Experten wie die Verbraucherzentralen zu wenden und gegen eine Gebühr die Abrechnung der Bank kontrollieren zu lassen. Kommen die Experten zum Ergebnis, dass die Vorfälligkeitsentschädigung viel zu hoch ist, sollte man die Bank auffordern, die Entschädigung zu reduzieren und dem Brief das Expertengutachten anfügen. Weigert sich die Bank, die Entschädigung zu korrigieren, bleibt die Möglichkeit, einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung der berechtigten Interessen zu beauftragen.

Der Online-Rechner benötigt eine Reihe von Angaben, um die Entschädigung realistisch berechnen zu können:

  • Datum des Vertragsbeginns
  • Auszahlungsdatum des Darlehens
  • aktuelle Restschuld
  • Ende der Zinsbindung
  • Datum der Restschuldermittlung
  • Nominalzins
  • Höhe der monatlichen Raten
  • Zahlungsmodalitäten (monatliche oder vierteljährliche Ratenzahlung)
  • gewünschter Termin für die Kündigung
  • vereinbarte Modalitäten für Sondertilgungen
  • im aktuellen Jahr getätigte Sondertilgung
Online-Rechner ermöglichen eine ungefähre Berechnung der Vorfälligkeitszinsen

Online-Rechner ermöglichen eine ungefähre Berechnung der Vorfälligkeitszinsen (Bild: belchonock/clipdealer.de)

Aus welchen Komponenten setzt sich die Vorfälligkeitsentschädigung zusammen?

Als Ergebnis erhält der Darlehensnehmer die Summe, die von der Bank erhoben wird und die den finanziellen Verlust begrenzt, den das Kreditinstitut bei vorzeitiger Kündigung des Kreditvertrags erleidet. Diese Entschädigung setzt sich aus den folgenden Komponenten zusammen:

  • Zinsverschlechterungsschaden
  • plus Bearbeitungsentgelt
  • minus Risikoersparnis
  • minus Ersparnis von Verwaltungskosten

Zinsverschlechterungsschaden

Bei der Aktiv-Passiv-Methode, die in den meisten Fällen angewendet wird, entsprechen die Vorfälligkeitszinsen der Differenz aus Darlehenszinsen und Zinsen für Hypothekenpfandbriefe.

Bearbeitungsentgelt

Die Bank lässt sich den administrativen Aufwand der vorzeitigen Kündigung mit einem Bearbeitungsentgelt bezahlen, dessen Höhe sie frei festlegen kann, wobei 200 Euro als angemessen gelten. Aber auch Bearbeitungsentgelte von 300 Euro liegen noch im vertretbaren Rahmen. Der Online-Rechner geht meist von 200 Euro aus.

Risikoersparnis

Für den gekündigten Kredit besteht kein Kreditausfallrisiko mehr und somit entfällt der dafür vorgesehene Zinsaufschlag, den die Bank erhoben hatte, als der Kredit aufgenommen wurde. Mit diesem Zinsaufschlag begrenzt die Bank das Risiko, dass der Kreditnehmer die Darlehenssumme nicht vertragsgemäß zurückzahlen kann. Dementsprechend muss der wegfallende Risikoaufschlag vom Zinsschaden abgezogen werden. Der Online-Rechner berücksichtigt die Risikoersparnis üblicherweise mit 0,1 Prozent.

Verwaltungskosten

Mit dem Wegfall des Kredits fallen auch die damit einhergehenden Verwaltungskosten weg und müssen dementsprechend abgezogen werden. Wie hoch diese Ersparnis ist, hängt von der jeweiligen Bank ab. Manche Kreditinstitute rechnen jede Buchung mit zwei bis drei Euro ab und andere verlangen jährliche Pauschalbeträge von 50 Euro. Es sind sogar noch höhere Pauschalgebühren möglich.

Vorfälligkeitsrechner dient der Überprüfung der Bank

Mit dem Online-Rechner können Darlehensnehmer überprüfen, ob sich die Vorfälligkeitsentschädigung, welche von der Bank gefordert wird, in einem tolerierbaren Bereich befindet. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat ermittelt, dass Banken häufig zu hohe Vorfälligkeitsentschädigungen verlangen, weil sie Sondertilgungen unberücksichtigt lassen oder die Risikoersparnis nicht abziehen. Auch die Nicht-Berücksichtigung von KfW-Darlehen, die von der Gesamtkreditsumme abgezogen werden müssen, führt zu einer fehlerhaften Berechnung zu Lasten des Kreditnehmers.

Vorfälligkeitszinsen beim Hausverkauf vermeiden

Wenn Immobilieneigentümer ihr Haus verkaufen wollen, weil sie beispielsweise in eine andere Stadt ziehen oder im Rahmen einer Scheidung der Zugewinn aufgeteilt werden muss, kann dies teuer werden. Es ist nicht einfach möglich, einen Kredit vorzeitig zu tilgen, denn dann erhebt die Bank berechtigterweise für den Zinsschaden eine Vorfälligkeitsentschädigung. Die Bank muss im Übrigen der vorzeitigen Kündigung des Kredits nur beim Hausverkauf zustimmen. Ohne die Immobilie ist es nicht mehr möglich, den Kredit mit einem Grundpfandrecht, das im Grundbuch eingetragen wird, zu sichern.

Eine zweite Möglichkeit, den Kredit vorzeitig zu kündigen, besteht nur dann, wenn die Bank eine Erhöhung der Kreditsumme verweigert, obwohl der Kreditnehmer einen triftigen Grund angibt und deshalb den Kredit bei einer anderen Bank aufnehmen muss. Triftige Gründe sind geplante Anbauten oder Modernisierungen.

Kündigt die Bank ihrerseits das Darlehen, weil der Darlehensnehmer beispielsweise die monatlichen Raten nicht vereinbarungsgemäß zurückzahlt, darf sie laut BGH-Urteil (19.01.2016, AZ. XI ZR 103/15) keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.

Wenn Immobilieneigentümer ihr Haus verkaufen wollen, kann dies teuer werden. (Bild: goodluz/clipdealer.de)

In welchen Fällen kann man Vorfälligkeitszinsen vermeiden?

Es gibt zwei Möglichkeiten, den Darlehensvertrag vorzeitig zu kündigen, ohne dafür eine Entschädigung an die Bank zahlen zu müssen. Zum einen kann man nach zehn Jahren das Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen und zum anderen kann man den Darlehensvertrag auf rechtswidrige Klauseln prüfen lassen. Enthält der Darlehensvertrag derartige Klauseln, was gar nicht so selten der Fall ist, kann man den Kreditvertrag vorzeitig kündigen, ohne dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Es lohnt sich somit, den Darlehensvertrag von einem Anwalt oder einer Verbraucherzentrale überprüfen zu lassen.

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Autor: Veröffentlichung durch Stefan Oberhauser
Veröffentlicht in: Finanzierung
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