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Welche Relevanz hat der Beleihungswert bei der Baufinanzierung?

Die Bank macht ihre Entscheidung, zu welchen Konditionen und in welchem Umfang die Baufinanzierung gewährt wird, vom Beleihungswert abhängig. Dieser Wert entspricht der Summe, welche die Bank bei einem Verkauf oder einer Versteigerung der Immobilie aller Wahrscheinlichkeit nach erzielen würde.

Die Bank macht ihre Entscheidung vom Beleihungswert abhängig.

Die Bank macht ihre Entscheidung vom Beleihungswert abhängig. (Bild: andreypopov/clipdealer.de)

Beleihungswert und Beleihungsgrenze determinieren die Finanzierung

Der Beleihungswert ist ein Indikator dafür, wie hoch ein Darlehen sein darf, ohne dass die Bank ein zu hohes Risiko eingeht. Das Kreditausfallrisiko ist ein wichtiger Faktor dafür, ob eine Baufinanzierung in der gewünschten Höhe genehmigt wird. Der Beleihungswert entspricht somit einer Kreditsicherheit, denn diesen Wert könnte die Bank durch einen Verkauf oder eine Versteigerung der Immobilie erzielen, wenn der Kreditnehmer nicht in der Lage wäre, das Darlehen vereinbarungsgemäß zurückzuzahlen.

Das Haus dient bei jeder Baufinanzierung als Sicherheit für die Bank und deshalb ist der objektiv erzielbare Wert Maßstab dafür, wie hoch die Darlehenssumme maximal sein darf und welche Zinskonditionen eingeräumt werden. Wie hoch diese Obergrenze für das Hypothekendarlehen sein darf, ist in internen Vorschriften des Kreditinstituts geregelt.

Wie wird der Beleihungswert ermittelt?

Wenn eine Bank über einen Kreditantrag entscheiden muss, wird zunächst geprüft, wie wertvoll die betreffende Immobilie ist. Zu diesem Zweck wird eine Beleihungswertprüfung vorgenommen. Im Unterschied zum Verkehrswert, der den aktuellen am Markt erzielbaren Immobilienwert widerspiegelt, handelt es sich dabei um einen langfristig gültigen Wert, der mindestens so lange Bestand hat, wie die Finanzierung läuft.

Mit verschiedenen Verfahren wird der Immobilienwert über diesen Zeitverlauf hinweg geschätzt. Es werden also weder der Kaufpreis noch die Baukosten als Beleihungswert angesetzt. Aufgrund des Abzugs eines Sicherheitsabschlags liegt der Wert immer unter dem Kaufpreis. Außerdem ist in Paragraf 16 des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) festgelegt, dass der Beleihungswert nicht über dem Verkehrswert liegen darf. Im Durchschnitt liegt der Wert bei 70 bis 90 Prozent des Kaufpreises. Die Beleihungsgrenze liegt nochmals unter diesem Wert und legt fest, wie hoch der maximale Kredit sein darf und wie hoch der Anteil an Eigenkapital sein muss.

Der Beleihungswert wird durch drei Verfahren ermittelt:

  • Sachwertverfahren
  • Ertragswertverfahren
  • Vergleichswertverfahren

Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren wird eingesetzt, wenn es sich um eine Immobilie handelt, die vom Eigentümer selbst genutzt wird. Der Sachwert ergibt sich aus der Addition der Baukosten und dem Bodenwert. Handelt es sich bei der zu bewertenden Immobilie um einen Altbau, werden Wertminderungen subtrahiert. Das Sachwertverfahren eignet sich zur Bewertung der einzelnen Komponenten, berücksichtigt jedoch nicht die Wertentwicklung im Zeitverlauf.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren findet bei gewerblich genutzten oder vermieteten Immobilien Anwendung. Der Beleihungswert ist in diesem Fall eine Kombination aus dem Bodenwert sowie den zu erwartenden Erträgen, die mit der Immobilie erzielt werden und Rückschlüsse darüber erlauben, wie sich die Erträge in der Zukunft entwickeln werden.

Vergleichswertverfahren

Bei dieser Methode, die für selbst genutzte Ein-und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen angewendet wird, stehen die aktuellen Marktverhältnisse im Zentrum der Betrachtung. Das Vergleichswertverfahren ist optimal anwendbar, wenn in der Nachbarschaft gleichwertige Immobilien vorhanden sind, an denen sich die Wertermittlung orientiert. Können vergleichbare Immobilien für die Ermittlung des Beleihungswerts herangezogen werden, liefert die Methode valide Ergebnisse. Meist gibt es jedoch nicht genügend vergleichbare Immobilien. Ein anderer Schwachpunkt besteht darin, dass diese Art der Wertermittlung Marktschwankungen unterliegt.

Wer übernimmt die Kosten des Gutachtens?

Die Berechnung der Beleihungswerte und der daraus resultierenden Beleihungsgrenzen sind bei allen drei Verfahren üblicherweise mit der Erstellung eines Gutachtens verbunden. Die Kosten für die Erstellung dieses Gutachtens werden von den Banken häufig auf den Kreditnehmer abgewälzt.

Das ist jedoch rechtlich nicht gestattet. Bereits im Jahr 2007 hat das Landgericht Stuttgart entschieden, dass die Kosten für das Wertgutachten von der Bank getragen werden müssen, da die Ermittlung der Beleihungsgrenze im Interesse des Kreditinstituts liegt. Trifft man als Bauherr oder Immobilienkäufer bei der Durchsicht der Vertragsunterlagen des Immobilienkredits auf Begriffe wie „Schätzkosten“ oder „Wertgutachten“, sollte man sich anwaltlich beraten lassen.

Beleihungsgrenze als zusätzliche Kreditsicherheit für die Bank

Nachdem der Beleihungswert ermittelt wurde, wird dieser nochmals um einen Risikoabschlag reduziert. Dieser Abschlag schützt die Bank vor verschiedenen Gefahren der Wertminderung, die teilweise extern bedingt und teilweise marktbedingt sind. Die Kreditinstitute legen intern fest, wie hoch der Risikoabschlag angesetzt wird. Üblicherweise liegt er zwischen 40 und 80 Prozent. die Differenz zwischen dem Beleihungswert und dem Risikoabschlag wird als Beleihungsgrenze bezeichnet.

Diese Grenze legt die maximale Höhe des Hypothekendarlehens fest. In der Praxis orientieren sich die verschiedenen Kreditgeber an folgenden Beleihungsgrenzen:

  • 80 Prozent: Geschäftsbanken
  • 60 bis 65 Prozent: Hypothekenbanken
  • 40 bis 60 Prozent: Lebensversicherungen

Dass bei einer Baufinanzierung ein Hypothekendarlehen in Höhe des Beleihungswerts genehmigt wird, ist selten und erfolgt nur, wenn der Kreditnehmer entweder hohe andere Sicherheiten zu bieten hat oder über ein hohes, regelmäßiges Einkommen verfügt.

Beispielrechnung für die Ermittlung von Beleihungswert und -grenze

Wenn der Verkehrswert der Immobilie 400.000 Euro beträgt und für den Beleihungswert 80 Prozent festgelegt wurden, liegt dieser Wert bei 320.000 Euro. Die Beleihungsgrenze darf in diesem Beispiel 70 Prozent des Beleihungswerts betragen und liegt demzufolge bei 224.000 Euro. Für das Haus wird die Bank also einen maximalen Kredit von 224.000 Euro genehmigen.

Beleihungsauslauf: wichtiger Faktor für die Höhe der Hypothekenzinsen

Der Beleihungsauslauf wird als Prozentzahl angegeben und ergibt sich aus dem Verhältnis zwischen dem Kredit und dem Beleihungswert. Der Prozentwert bestimmt maßgeblich die Höhe der Hypothekenzinsen. Je höher der Beleihungsauslauf ist, desto ungünstiger sind die Finanzierungskonditionen, was sich vor allem durch steigende Sollzinsen bemerkbar macht. Inwieweit sich Zinsaufschläge auf die Höhe der monatlichen Raten auswirken, kann man online in wenigen Schritten mit einem Baufinanzierungsrechner ermitteln.

Die besten Zinskonditionen können Bankkunden vereinbaren, wenn der Beleihungswert höchstens bei 60 Prozent liegt. Das ist damit zu erklären, dass die Immobilie in diesem Fall zu einem großen Teil durch Eigenkapital finanziert werden kann. Für die Bank bedeutet das, dass nur ein geringes Kreditausfallrisiko zu tragen ist und das wird mit besonders günstigen Hypothekenzinsen honoriert.

Der Beleihungsauslauf wird als Prozentzahl angegeben.

Der Beleihungsauslauf wird als Prozentzahl angegeben. (Bild: andreypopov/clipdealer.de)

Wann ist eine Vollfinanzierung möglich?

Liegt die maximale Kreditsumme, die sich aus den obigen Berechnungen ergibt, unter der benötigten Kreditsumme, fehlt also Eigenkapital, braucht der Bauherr oder Kaufinteressent ein Hypothekendarlehen, das über dem festgelegten Beleihungswert liegt. Eine derartige Finanzierung ist für das Kreditinstitut mit größeren Risiken verbunden. Kann der Kreditnehmer die Hypothek nicht wie vereinbart zurückzahlen und die Immobilie muss verkauft oder sogar zwangsversteigert werden, erhält die Bank eventuell ihr Geld nicht in vollem Umfang zurück.

Dieses Risiko lässt sich die Bank durch einen Zinsaufschlag honorieren. Wenn das Eigenkapital nur die Kaufnebenkosten von ungefähr 15 Prozent deckt, wird eine Finanzierung benötigt, die den gesamten Kaufpreis oder die Baukosten abdeckt. Dazu sind nicht alle Banken bereit.

Noch riskanter ist die Situation, wenn das Bauvorhaben oder der Immobilienkauf gänzlich ohne Eigenkapital finanziert werden sollen. In diesem Fall spricht man von einer Vollfinanzierung, zu der noch weniger Banken bereit sind. Der Kreditnehmer muss auf jeden Fall Zinszuschläge akzeptieren. Generell wird eine Vollfinanzierung nur genehmigt, wenn der Bankkunde ausreichende Sicherheiten hat und ein sehr hohes, sicheres Einkommen erzielt, also über eine hervorragende Bonität verfügt.

Ist eine Vollfinanzierung sinnvoll?

Ein Bauvorhaben oder den Kauf einer Immobilie ohne Eigenkapital zu finanzieren, stellt nicht nur für die Bank ein erhebliches Risiko dar. Ein derart hoher Finanzierungsbedarf muss mit höheren Zinsen bezahlt werden und bei Laufzeiten von bis zu 30 Jahren für Hypothekendarlehen summieren sich die zusätzlich zu zahlenden Zinsen auf fünfstellige Beträge. Ein Baufinanzierungsrechner erleichtert die Berechnung der Auswirkungen unterschiedlicher Zinshöhen auf die Finanzierung.

Eine Vollfinanzierung führt somit zu hohen monatlichen Raten und schränkt den finanziellen Spielraum auf lange Sicht ein. Wenn kein Eigenkapital vorhanden ist, kann sich die Einbeziehung der sogenannten Muskelhypothek positiv auf den Sollzinssatz auswirken. Auch ein Darlehen von Verwandten oder vom Arbeitgeber zählt zum Eigenkapital und führt zu günstigeren Zinskonditionen. Darüber hinaus ist es möglich, Zuschüsse von der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) oder dem BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) zu beantragen und auf diese Weise die benötigte Kreditsumme zu verringern.

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Autor: Veröffentlichung durch Stefan Oberhauser
Veröffentlicht in: Finanzierung
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